Flamanville: Unfall im Fiasko-AKW
Laut Behörden gibt es keinen Anlass zur Sorge, weil "kein nukleares Risiko" bestehe
Die Eilmeldung zu einer Explosion im AKW Flamanville heute Morgen zog im Schweif sogleich die Beschwichtigung mit: Es handle sich zwar um ein "signikatives Geschehen" in der Technik, aber nicht um einen nuklearen Unfall, es bestehe kein "nukleares Risiko", zitierte die Onlineausgabe von Ouest-France die Botschaft der zuständigen Präfektur.
Ein harmloses Ereignis? Fünf Personen wurden leicht vergiftet, aber nicht verletzt, betont der Direktor des Kabinetts der Präfektur. Aus der Explosion, die sich in der "zone non nucléaire", im Turbinenraum, gegen 9 Uhr 30 ereignet haben soll, entwickelte sich ein Schwelbrand. Die Löscharbeiten waren gegen mittags laut Medienberichten abgeschlossen. Der Reaktor 1 des AKW Flamanville, seit Dezember 1985 in Betrieb, wurde aus Vorsicht dennoch angehalten.
In einem Radio-Interview erklärte der Präfekt Jacques Witkowski der Öffentlichkeit, dass ein Ventilator im Turbinenraum, der nicht im Kontakt zu nuklearem Material stehe, eine "Funktionsstörung" hatte. Diese führte nicht zu einem offenen, flammenden Feuer, aber zu einer starken Rauchentwicklung. Da es kein "nukleares Risiko" gab, sei auch der dafür vorgesehene Interventionsplan - Plan particulier d'interventions (PPI) - nicht in Gang gesetzt worden.
Ein Funke soll eine Explosion ausgelöst haben, zitierte France Info mittags die EDF, die wiederum darauf verwies, dass dies in einer nicht-nuklearen Zone stattgefunden habe. Etwas Raum zum Grübeln geben die unterschiedlichen Angaben - "bedeutendes Ereignis auf der technischen Ebene", "nicht einmal ein richtiges Feuer" und dann doch eine "Explosion" - schon, aber für Katastrophenbilder, wie sie Videos zum Ereignis in den sozialen Netzwerken zeigen, reicht es nicht.
Tatsächlich ist der Unfall aber selbst in der auf Beruhigung ausgelegten nüchternen Darstellung der Behörden keine Petitesse, da er sich eine ganze Serie von schlechten Nachrichten aus Flamanville reiht, weswegen die ganze Anlage als Fiasko-Atomkraftwerk gilt. Flamanville ist wegen der Probleme der neuen EPR-Reaktoren regelmäßig in den Schlagzeilen.
Die Kostenexplosion ist nicht zu verniedlichen, ebenso wenig die Schwierigkeiten, die dazu führten, dass man weit hinter dem Zeitplan hinterherhinkt. Die Kosten für den neuen Druckwasserreaktor in Flamanville haben sich inzwischen von geplanten 3,3 Milliarden Euro auf etwa 10,5 Milliarden mehr als verdreifacht. Auch dabei wird es vermutlich nicht bleiben, wie auch zu bezweifeln ist, dass der European Pressurized Reactor (EPR), wie nun vorgesehen ist, 2018 ans Netz geht. Eigentlich sollte er seit mindestens 5 Jahren schon Strom liefern.
Zu diesen schlechten Nachrichten reihten sich im vergangenen Jahr Feststellungen von "Anomalien" beim Reaktordruckbehälter, die die Diskussion über Flamanville weiter in eine ungünstige Richtung drehten, zumal sich der Pfusch-Skandal ausweitete (vgl. Areva: Riskante Teile für AKWs weltweit verbaut).