Flüchtlinge: Mehr Beschäftigte, aber auch viel mehr Hartz-IV-Empfänger

Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA). Foto: Presse BA

Berichte der Bundesagentur für Arbeit: positive Tendenzen bei der Integration in den Arbeitsmarkt und Probleme bei der beruflichen Qualifikation der jungen Migranten

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Es braucht einen langen Atem - und eine gute Konjunktur. So lautet der kurze Befund aus zwei statistischen Berichten der Bundesagentur für Arbeit zur Integration von Migranten im deutschen Arbeitsmarkt.

Beide Berichte stammen von Ende März. Sie vermitteln also ein ziemliches aktuelles Bild der Situation. Beide Statistik-Berichte sind reich an Zahlenmaterial, Tabellen und Kurvenverlaufsgrafiken, für Spezialisten eine Fundgrube. Hier soll es genügen, auf ein paar auffällige Beobachtungen hinzuweisen.

Zwar werden im letzten Jahr mehr Beschäftigungen von Staatsangehörigen aus nichteuropäischen Herkunftsländern verzeichnet, aber weitaus deutlicher nimmt sich die Zunahme der Zahl der Hartz-IV-Empfänger aus diesen Ländern aus, stellt der eine Bericht mit dem Titel "Auswirkungen der Migration aus den deutschen Arbeitsmarkt" fest.

Im zweiten Bericht mit dem Titel "Fluchtmigration" wird deutlich, worin eine hauptsächliche Herausforderung liegt, für die Wirtschaft und Gesellschaft den langen Atem brauchen: junge, arbeitslose Männer, die gute Deutschkenntnisse und eine gute Schul-oder Berufsausbildung brauchen.

Aussicht: Helfertätigkeiten und Leiharbeit

"Arbeitslose Geflüchtete sind überwiegend jünger als 35 Jahre", notiert der Bericht im Kapitel "Arbeitsuchende und Arbeitslose Geflüchtete". Für die Mehrheit, etwa drei Fünftel, kämen nur "Helfertätigkeiten" infrage. Als Gründe werden genannt: mangelnde Deutschkenntnisse, dass sie zu jung sind, um einen Beruf erlernt zu haben, dass sie entsprechend keinen anerkannten formalen Berufsabschluss vorweisen können.

Jobs, die sie laut der Bundesagentur am häufigsten suchen, sind in der Reinigung, in der Lagerei und Logistik, als Küchenhilfe, im Verkauf sowie im Büro und Sekretariat. Hingewiesen wird auch darauf, dass die Leiharbeit, im Behördenjargon Arbeitnehmerüberlassung, eine beachtliche Rolle bei den Anstellungen spielt.

Rund jeder Fünfte, der aus den "acht zugangsstärksten Asylzugangsländern" (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) kommt, hat eine Anstellung über Leiharbeit gefunden, "gefolgt von Beschäftigungsverhältnissen in Unternehmen, die wirtschaftliche Dienstleistungen erbringen und dem Gastgewerbe".

Wie gut sind Förderungsprogramme?

Die Kurve zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus den genannten Ländern fährt seit 2012 kontinuierlich nach oben. Für Januar 2017 werden 131. 000 verzeichnet. Man muss hier freilich miteinbeziehen, dass eben auch die Zahl der Migranten aus den acht Asylzugangsländern enorm gestiegen ist.

Bei der Arbeitslosigkeit1 zeigt sie ebenfalls nach oben. 188.000 wird für März 2017 verzeichnet gegenüber dem Vorjahr ist das eine Zunahme von 54 Prozent, in absoluten Zahlen von 66.000.

Dabei ist zu beachten, dass ein großer Anteil derjenigen, die in den Statistiken als Abgänger aus der Arbeitslosigkeit geführt werden, die in Förderkursen oder Programmen untergebracht werden. Diese Zahlen sind enorm hoch, wenn man sie mit Abgängen in den ersten Arbeitsmarkt vergleicht. So werden 353.000 als Abgänger in die Förderung ausgewiesen und 35.500, die es in den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben.2 Als Arbeitssuchend wurden im März 2017 465.000 geflüchtete Menschen verzeichnet.

Deutliche Steigerung bei den Hartz-IV-Beziehern

Im eingangs zuerst genannten Bericht ist ebenfalls die Hoffnungskurve zu sehen, die einen Anstieg der Beschäftigten aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern verzeichnet3. Hier wird allerdings ein größerer Kontext aufgezogen. So wird die Zahl der insgesamt sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland im Januar 2017 ersichtlich. Sie liegt bei knapp 32 Millionen.

Bei den Staatsbürgern aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern werden 131.000 angegeben. Das entspricht 0,4 Prozent. Interessant sind die Steigerungswerte. Insgesamt liegt sie gegenüber dem Vorjahr bei einem Plus von 1,9 Prozent. Bei den Staatsbürgern aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern liegt die Steigerungsrate dagegen bei 47,2 Prozent4 - also ein deutlicher Aufwärtstrend, der Hoffnung macht.

Der gute Ausblick wird allerdings durch andere Zahlen konterkariert, die die Besorgnis bestätigen, wonach ein Großteil der Migranten aus den genannten nichteuropäischen Ländern nach Anerkennung ihres Asylstatus zunächst bei Hartz-IV landen.

Laut Daten der Bundesagentur für Arbeit von Dezember 2016 (S.19, PDF) betrug die Gesamtzahl, die zu diesem Zeitpunkt die Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen, knapp 6 Millionen (5.972.889). Gegenüber dem Vorjahr wird eine Steigerung von 2,3 Prozent ausgewiesen.

Bei den nichteuropäischen Herkunftsländern sind es nicht ganz 700.000. Das sind knapp 400.000 mehr als im vergangenen Jahr (plus 132 Prozent). Den allergrößten Anteil stellen dabei Flüchtlinge aus Syrien: Aus ihren Reihen kommen 320.000 mehr Hartz-IV-Bezieher als im Vorjahr (plus 219 Prozent). Für Eritrea wird ein Mehr von 202 Prozent angegeben. Allerdings ist die Gruppe der Hartz-IV-Bezieher aus Syrien sehr viel größer: 466.052. Aus Eritrea kommen 27.862.

Aus dem Irak werden 96.000 Hartz-IV-Bezieher registriert (plus 64,7 Prozent) und aus Afghanistan (52.300, plus 46,4 Prozent).