"Flüchtlingsgipfel": Regierung mit sich zufrieden, Pro Asyl schockiert
Asylverfahren sollen an EU-Außengrenzen verlegt werden. CSU und AfD reicht das nicht. Eine Milliarde zusätzlich für Versorgung Geflüchteter, die dieses Jahr Deutschland erreichen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist mit den Ergebnissen des "Flüchtlingsgipfels" zufrieden – und der Meinung, dass damit "alle staatlichen Ebenen gemeinsam ihrer großen humanitären Verantwortung gerecht werden", wie sie am Donnerstagmorgen mitteilte.
"Dieses Maßnahmenpaket spiegelt exakt die Grundlinien unserer Flüchtlingspolitik wider: Wir schützen die Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind. Damit wir hierzu weiter in der Lage sind, begrenzen wir die irreguläre Migration."
Letzteres bedeutet konkret, dass Bund und Länder Asylverfahren möglichst nicht mehr in Deutschland stattfinden lassen wollen. Stattdessen soll in Zentren an den EU-Außengrenzen entschieden werden, wer einen Schutzstatus erhält und weiterreisen darf. Entsprechende Verhandlungen auf EU-Ebene stehen allerdings noch aus.
Einstige Hoffnungsträgerin auf "Seehofer-Kurs"?
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Abschottungspläne scharf – sie sei "schockiert, dass der Gipfel zu einer Finanzeinigung auf Kosten der Menschenrechte fliehender Menschen geführt hat", erklärte die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith.
An der Versorgung Geflüchteter, die Deutschland schon erreicht haben oder in den nächsten Monaten ankommen, will sich der Bund mit einer zusätzlichen Milliarde Euro beteiligen. Über die Aufschlüsselung der Kosten soll aber noch in einer Arbeitsgruppe beraten und erst im November entschieden werden – zur großen Enttäuschung der Kommunen: "Mit einer Vertagung drängender Probleme können die Landkreise nicht wirklich zufrieden sein", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Um Abschiebungen rigider durchzusetzen, haben sich Bund und Länder auch darauf verständigt, die maximale Dauer des Ausreisegewahrsams von zehn auf 28 Tage zu verlängern. Dieser Gewahrsam ist für abgelehnte Asylsuchende vorgesehen, die sich bei Abschiebeversuchen "unkooperativ" verhalten haben – etwa durch falsche Angaben über ihre Staatsangehörigkeit.
Nach Angaben der Bundesregierung wurden auch erweiterte Zuständigkeiten der Bundespolizei und ein verbesserter Informationsaustausch zwischen Justiz- und Ausländerbehörden vereinbart.
Pro Asyl hatte der Bundesregierung schon aufgrund von Äußerungen vor dem "Flüchtlingsgipfel" vorgeworfen, auf "Seehofer-Kurs" zu gehen. Dabei hatte die SPD-Frau Nancy Faeser als Hoffnungsträgerin von Linksliberalen gegolten, als bekannt geworden war, dass sie den Law-and-Order-Politiker der CSU, Horst Seehofer, im Innenministerium ablösen sollte.
Was die CSU will, plant die Bundesregierung nicht im Alleingang
Die CSU-Innenexpertin Andrea Lindholz kritisierte allerdings im Gespräch mit der ARD, dass im Gegensatz zu den Mehrausgaben nicht "ausdrücklich" beschlossen worden sei, die Zuwanderung zu begrenzen.
Die Bundesregierung tritt zwar laut Beschlussvorlage "für verpflichtende Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen für bestimmte Personen ein" – allerdings wurde für den Fall, dass dies auf EU-Ebene nicht umgesetzt wird, keine Abschottung Deutschlands innerhalb der EU beschlossen.
Auch der AfD sind die Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens noch nicht restriktiv genug: Deren Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla, bezeichneten sie als "nicht geeignet, die dringend erforderliche Migrationswende in Deutschland einzuleiten", meinten sie. "Noch mehr Geld für noch mehr Flüchtlinge wird die Flüchtlingskrise nicht lösen, sondern verlängern."