Folge von Sanktionen? Russisches Gericht friert Vermögenswerte von Volkswagen ein
Nach Angriff auf die Ukraine stoppte VW die Fertigung von Autos im Werk Kaluga. Das sieht ein russischer Konzern als Vertragsbruch und klagt. Das Gericht stoppt den Verkauf der Autofabrik.
Die Folgen von Krieg und Sanktionen machen auch vor deutschen Unternehmen nicht halt: Ein russisches Gericht hat am Montag alle Vermögenswerte von Volkswagen in Russland eingefroren. Das könnte den geplanten Verkauf seines Russlandgeschäfts weiter verzögern.
Den Gerichtsbeschluss hat der russische Autobauer GAZ erwirkt, der zum Firmenimperium des Milliardärs Oleg Deripaska gehört. Wie der Finanzdienst Bloomberg berichtete, hatte Volkswagen einen Montagevertrag gekündigt, weshalb die GAZ-Gruppe nun einen Schadensersatz von 15,6 Milliarden Rubel (203 Millionen US-Dollar) fordert.
Medienberichten zufolge wurde die Klage am 14. März eingereicht und nur drei Tage später zugunsten der GAZ-Gruppe entschieden.
Die russische Tochtergesellschaft von Volkswagen hatte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärt, von der Klage überrascht worden zu sein. Die Partnerschaft sei "im gegenseitigen Einvernehmen" beendet worden.
Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine hatten westliche Staaten beispiellose Sanktionen gegen die russische Wirtschaft verhangen. Westliche Konzerne, die scheinbar freiwillig den russischen Markt räumten, waren Teil dieses Wirtschaftskrieges, der auch auf ein Ende der Autoproduktion in Russland zielte. Diese war schließlich abhängig von westlichen Investitionen, Ausrüstungen und Teilen – und damit leicht angreifbar.
Der französische Hersteller Renault hatte etwa seine Mehrheitsbeteiligung an Avtovaz an ein russisches Staatsunternehmen verkauft, für eine symbolische Summe von einem Rubel. Und Volkswagen hatte sein Hauptwerk in der Stadt Kaluga, in dem rund 225.000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt werden konnten, seit März 2022 stillgelegt.
Für Volkswagen kam noch hinzu, dass der Geschäftspartner Oleg Deripaska zu dem Personenkreis gehört, der direkt von westlichen Sanktionen betroffen ist. Die USA hatten ihn und seine Unternehmen bereits 2018 auf die Sanktionsliste gesetzt. Und nach dem Einmarsch in die Ukraine zog die Europäische Union nach. Damit Volkswagen seine Geschäfte mit der GAZ-Gruppe überhaupt abwickeln konnte, wurde eine Sondererlaubnis durch die USA erteilt.
In dem zurückliegenden Jahr haben sich allerdings auch die rechtlichen Rahmenbedingungen in Russland geändert. Unternehmen aus "unfreundlichen Ländern" ist es nicht mehr ohne Weiteres gestattet, ihre russischen Vermögenswerte zu veräußern. Zuvor muss die Genehmigung durch eine spezielle Regierungskommission eingeholt werden.
Ausländische Investoren würden fürchten, heißt es bei Reuters, dass Russland auf diese Art strategische Vermögenswerte verstaatlichen könnte. Dass die russische Regierung nicht davor zurückschreckt, zeigte sie bereits beim Gas- und Ölprojekt "Sachalin II" im Fernen Osten Russlands, als Shell und zwei japanischen Unternehmen fast 50 Prozent der Anteile abgenommen wurden.
Für den Kauf des VW-Werks in Kaluga waren der russische Autohändler Avilon und der russische Mischkonzern AFK Sistema im Gespräch. Volkswagen hatte jüngst noch erklärt, dass verschiedene Szenarien in Erwägung gezogen würden. Man prüfe auch die Option, die russischen Vermögenswerte an eine dritte Partei zu verkaufen. Aber sowohl vom Autobauer als auch vom russischen Industrieministerium hieß es Anfang März, dass noch keine Entscheidung getroffen worden sei.
Trotz des Produktionsstopps zahlt Volkswagen den knapp 4.000 Beschäftigten in Kaluga das Gehalt weiter. Das dürfte auch ein Grund dafür sein, dass der deutsche Autokonzern den Verkauf an einen "vertrauenswürdigen russischen Investor" so schnell wie möglich abwickeln möchte. Schließlich musste er bereits mit seinem Russlandgeschäft rund zwei Milliarden Euro abschreiben.
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