Foul unter Freunden: Wie hältst du es mit China?

Seite 2: Tabubruch bei der nuklearen Nichtverbreitung

Tatsächlich ist die Frage des Nuklearantriebs nicht ganz so trivial, wie der stetige Hinweis nahelegen soll, dass es sich schließlich keinesfalls um nukleare Bewaffnung handle.

Der Schritt muss immerhin mit internationalen Einrichtungen für die Nichtverbreitung von Atommaterial, einschließlich der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), der Aufsichtsbehörde der Vereinten Nationen, abgestimmt werden, denn die Schiffe werden mit hochangereichertem Uranbrennstoff angetrieben, sprich mit waffenfähigem Uran.

Aus internationaler Perspektive liegt ein Präzedenzfall für Nichtverbreitung vor, weil Australien mit diesem Schritt in die Gruppe der Atomstaaten aufgenommen wird. Bisher hat das Land nicht einmal ein kommerzielles bzw. ziviles Atomprogramm, auf dem Kleinstkontinent befindet sich nur ein Forschungsreaktor.

In Foreign Policy erklärte James Acton, Experte für Nuklearpolitik bei der Carnegie-Stiftung, dass es ein "theoretisches Schlupfloch" im globalen Atomwaffensperrvertrag gebe, der den Eckpfeiler des internationalen Regimes für die Nichtverbreitung ausmacht.

Der Vertrag hindere Staaten ohne Atomwaffen nicht daran, sich Nukleartechnologie für U-Boote zu beschaffen, was damit außerhalb der IAEO-Verantwortung liege. Kein Nicht-Atomwaffenstaat habe dieses Schlupfloch bisher genutzt. Andere Länder könnten diesem Beispiel folgen.

"Ich mache mir keine Sorgen, dass Australien weiterverbreiten könnte. Ich mache mir Sorgen über den Präzedenzfall, der dadurch geschaffen wird", sagte Acton. "Jetzt wird es einen Nicht-Atomwaffenstaat geben, der möglicherweise über eine große Menge an direkt waffenfähigem Kernmaterial verfügt, das nicht überwacht wird."

Ähnlich sehen auch Politiker aus der Region die Initiative: Neuseeland erklärte umgehend, dass seine langjährige Politik der Atomfreiheit bedeutet, dass den neuen australischen U-Booten der Zugang zu neuseeländischen Gewässern verboten ist. "Neuseelands Position in Bezug auf das Verbot von Schiffen mit Nuklearantrieb in unseren Gewässern bleibt unverändert", sagte Premierministerin Jacinda Ardern.

Auf die Frage von Reportern, ob Neuseeland ein Platz in dem neuen Bündnis Aukus angeboten worden sei, meinte Ardern: "Wir sind nicht angesprochen worden und ich würde auch nicht erwarten, dass wir angesprochen werden." Politiker aus Indonesien warnten vor dem bereits stattfindenden Wettrüsten. Man sei "tief besorgt über das anhaltende Wettrüsten und die Machtprojektion in der Region", so das Außenministerium. Indonesien forderte Australien auf, sein "Engagement für Frieden und Stabilität in der Region aufrechtzuerhalten" und das Völkerrecht zu achten.

Joe Biden hingegen meinte, die USA müssten die Indopazifik-Region genau deshalb militärisch aufrüsten, um "Frieden und Stabilität in der Region" zu sichern. Seit dem Rückzug aus Afghanistan, den die USA maximal schlecht mit ihren EU-Verbündeten abgesprochen hatten, führt das Pentagon bevorzugt "übertriebene Einschätzungen der militärischen Herausforderungen durch China" an, um den Pentagon-Haushalt auf seinem historisch hohen Niveau zu halten, so die Einschätzung von Sicherheitsforscher William Hartung.

Und dies ist eine Analyse, die zehn Jahre nach der Ausrufung des "Pivot to Asia" empirisch Bestand hat. Wenn es um Bedrohungsszenarien geht, um einen weiter steigenden Rüstungshaushalt zu legitimieren, sind der Kreativität bekanntlich kaum Grenzen gesetzt.

Recht bekannt ist inzwischen die Wendung, dass der Geheimdienst NSA Huawei vorwirft, sie würden das Internet zu Spionagezwecken missbrauchen, oder dass die US-Regierung nach 20 Jahren Krieg in mehrheitlich muslimischen Ländern klagt, China würde muslimische Minderheiten ungerecht behandeln.

Die neueste Variante von "Haltet den Dieb" besteht darin, dass Joe Biden sich beschwert, China würde die USA mit Opiaten fluten.

Das hat nicht nur historischen Charme, sondern auch den Hintergrund, dass amerikanische Pharmakonzerne wie Johnson & Johnson, die jahrzehntelang die US-Bürger mit Fentanyl in die Abhängigkeit treiben durften, schon seit den 1980er-Jahren ihre Pharmazeutika in China herstellen lassen.