Frankreich: Kippmoment für Ökolandwirtschaft
Rekordjahr 2018: Mehr Bauern als zuvor sind auf Bio-Produktion umgestiegen
Im vergangenen Jahr sind in Frankreich mehr Bauern als zuvor auf Ökolandwirtschaft umgestiegen. 5.000 Betriebe haben sich 2018 dazu entschieden. Die Gesamtzahl liegt nun bei 41.623, die eine zertifizierte agriculture biologique betreiben.
Zum Vergleich: Für Deutschland zählte das Umweltbundesamt zuletzt 29.395 Betriebe. Die Zahlen stammen allerdings aus dem Jahr 2017, sind also nicht so aktuell wie die Angaben der französischen Agence Bio, die im Herbst 2001 von den damaligen Landwirtschafts- und Umweltminister gegründet wurde, um den Ausbau der Ökolandwirtschaft voranzutreiben.
Das gelingt offenbar mit wachsendem Erfolg. Man habe beim "nachhaltigen Wachstum" der Landwirtschaft, die ohne Kunstdünger und chemische Pflanzenschutzmittel arbeitet, ein Rekordjahr hinter sich. Die Bio-Produktion habe sich in den letzten 5 Jahren verdoppelt, die Umsteiger, die noch nicht als Biobauern zertifiziert sind, mitgerechnet, werden über 60.000 Bauern gezählt, die auf Ökolandbau setzen, mittlerweile würden zwei Millionen Hektar nach ökologischen Vorgaben bewirtschaftet, so die aktuellen Zahlen der Agence Bio.
Der "symbolisch wichtige Schwellenwert" von zwei Millionen Hektar Fläche mit Bioanbau im Jahr 2018 entspricht 7,5 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Gesamtfläche in Frankreich. 2017 waren es noch 6,5 Prozent.
Das Umweltbundesamt in Berlin meldet für das Jahr 2017 einen 8,2-prozentigen Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche. Auch dort stellte man Anfang April dieses Jahres einen wieder auflebenden Trend zum Umstieg auf Ökolandbau fest: "Die Zahl der Betriebe des Ökologischen Landbaus und die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Deutschland stiegen insbesondere in den vergangen zwei Jahren wieder deutlich an."
"Positive Bio-Entwicklung"
In den Jahren zuvor, 2011 bis 2014, sei der Zuwachs an neuen Ökobetrieben gering ausgefallen. Das Umweltbundesamt erklärt dies damit, dass die Ökolandwirtschaft "häufig nicht ausreichend konkurrenzfähig" sei, da der Verkauf der Biolebensmittel die zusätzlichen Kosten des Ökolandbaus nicht allein decken könne.
Auch reichen die Erlöse nicht aus, um mit günstiger Importware zu konkurrieren oder die hohen Pachtpreise einiger Regionen zu zahlen.
Umweltbundesamt
Die "positive Bio-Entwicklung" der letzten beiden Jahre in Deutschland wird mit einem stärkeren politischen Rückhalt begründet. Ganz konkret bräuchten Betriebe, die umstellen wollen, Planungssicherheit durch "attraktive staatliche Förderung". Wie es momentan aussieht, spricht das politische Klima, das sich in Erfolgen der Grünen zeigt, für Signale zu einer Agrarwende (vgl. Für ein Ende der Monokulturen - Agrarreform jetzt!).
Die deutschen Nachhaltigkeitsstrategie habe sich bis 2030 das Ziel gesetzt, dass der Anteil der Ökolandwirtschaft 20 Prozent beträgt, so das Umweltbundesamt.
Nachfrage nach Bio-Produkten höher als Angebot
In Frankreich hat man in einem Ernährungs-Gesetz ein 15-Prozent-Ziel für 2022 gesetzt. Das sei aber trotz der Dynamik, die sich aktuell zeigt, kaum zu erreichen, so die Einschätzung des Direktors der Agence Bio, zu der die Ministerien für Landwirtschaft- und Umwelt gehören wie auch Vereinigungen von Landwirten. Man bräuchte 7.000 "Konversionen" jährlich.
Laut Le Monde werden den Betrieben, die umstellen wollen, zwar staatliche Unterstützung zugesprochen - insgesamt laut "Plan Bio" 1,1 Milliarden Euro für den Zeitraum von 2018 bis 2022, aber anscheinend zahlt die Regierung nicht gerne. Berichtet wird von vielen Klagen darüber, dass die versprochenen Summen zu spät oder gar nicht ausgezahlt würden
Die Nachfrage nach Bio-Produkten sei noch immer höher als Angebot, so die Zeitung, die einerseits einen Kippmoment in der Landwirtschaft herausstellt, andrerseits aber auch von der Befürchtung der Öko-Landwirte berichtet, dass Supermärkte die Preise derart heruntertreiben könnten, dass die arbeits- und personalaufwendige Biolandwirtschaft für kleiner Betriebe kaum rentabel ist (zum Thema Ökolandbau siehe die Artikel von Susanne Aigner).
Der Markt für Bio-Lebensmittel wächst. Laut Agence Bio wurden 2018 öko-zertifizierte Lebensmittel im Wert von 9,7 Milliarden Euro verkauft. Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Milliarden Euro, das entspricht einem Wachstum von 15,7 Prozent. Bio-Produkte machen bisher lediglich 5 Prozent des Konsums an Nahrungsmitteln im Nachbarland aus.