Frankreich: Sozialwohnungen werden vielen zu teuer
Laut Mitarbeitern von HLM-Projekten können sich 70 Prozent der Antragssteller die staatlich subventionierten Mieten gar nicht leisten
In Frankreich ist der Staat gesetzlich dazu verpflichtet, Bedürftige mit einer Wohnung zu versorgen. Offensichtlich sind derzeit die Kassen so klamm, dass sich die zuständigen Stellen davor drücken, die entsprechenden Mittel dafür bereitzustellen, wie ein Bericht der Regierungsbehörde für die Wohnungsbeschaffung Benachteiligter beklagt. Man sei höchst beunruhigt, über die Konsequenzen, heißt es darin.
Zugleich machen Mitarbeiter privater Unternehmen, die am sozialen Wohnungsbau (HLM - Habitation à loyer modéré, etwa: Wohnen zu kleinen Mieten) beteiligt sind, darauf aufmerksam, dass sich immer weniger Personen, die Sozialmieten leisten können.
Seit dem Jahr 2000 beobachten wir eine massive Zunahme prekärer Verhältnisse bei unseren Mitbewerbern. Heute sind 7 von 10 Antragsstellern nicht in der Lage, die finanziellen Ressourcen aufzubringen, die unsere Vorgaben verlangen. Das heißt, sie sind unterhalb der Armutsschwelle. Vor zehn Jahren waren das noch zwanzig Prozent.
Der soziale Wohnungsbau funktioniert in Frankreich anders als hierzulande, wie ein Bericht des Mieterechos von 2005 für Interessierte gut verständlich erklärt. Zu entnehmen ist ihm die Beobachtung, die wahrscheinlich auch in anderen Ländern gemacht werden kann: Seit den späten 1970er Jahren ging der soziale Wohnungsbau deutlich zurück.
Dazu gesellte sich noch eine andere Entwicklung: dass verstärkt teurere Sozialwohnungen gebaut wurden. Dies hatte auch damit zu tun, dass die früheren, günstigeren Sozialwohnungen einen schlechten Ruf hatten. Man wollte keine weiteren "Wohnbunker in Ghettos" mehr errichten, die immer stärker unter Kritik gekommen waren.
Zugespitzt sieht das Resultat derzeit so aus: In Paris freuen sich Architekten über gelungene Einzelprojekte mit "klaren, behaglichen und robusten Strukturen" , die Platz für 54 Sozialwohnungen und 25 Wohneinheiten für Obdachlose) geben. Und die Kommunalpolitiker freuen sich über plakative Einzelprojekte in schicken Lagen, die den politischen Anspruch einlösen, für einen größeren sozialen Mix in der Innenstadt zu sorgen - mit insgesamt 51 Sozialwohnungen.
Laut dem letzten Report der Fondation Abbé Pierre von Anfang dieses Jahres sind 3,5 Millionen unter sehr schlechten Bedingungen (ohne Komfort, viele Mitbewohner) untergebracht; 85.000 leben in einem Provisorium (in Campingwagen oder Hütten), 141.000 haben gar keine Wohnung und 12.000 leben auf der Straße. Die Zahl der Personen ohne festen Wohnsitz haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt, wurde Ende vergangenen Jahres gemeldet.
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