Frankreich: "Tanz auf dem Vulkan" mit Sparprogramm

Plenarsaal der Nationalversammlung. Bild: Richard Ying et Tangui Morlier / CC BY-SA 3.0

Regierungsprogramm: Die Schuldenlast von 2.147 Milliarden Euro und das Versprechen, dass der Abbau nicht über mehr Abgaben der Bürger funktionieren soll

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Für Raucher und Impfskeptiker hatte Premierminister Edouard Philippe gestern schlechte Nachrichten. Der Preis für eine Packung Zigaretten wird auf 10 Euro steigen. Bei den Impfungen waren bislang drei, gegen Diphterie, Tetanus und Polio, verpflichtend, künftig sollen Impfstoffe gegen insgesamt acht Krankheiten, darunter Keuchhusten, Masern, Hepatitis B, zum Pflichtpaket gehören. In dem Land hatten Impfskeptiker mit Prozessen große Aufmerksamkeit erregt. Die Diskussion über verpflichtende Impfungen wird auch dort sehr hitzig geführt. Dies zeigt an, dass die neue Regierung gewillt ist, einen klaren Kurs einzuschlagen.

Manche fürchten sich genau davor. Gegen Ängste vor einem Sozialabbau hatte Philippe auch ein paar konkrete Angebote in seiner Regierungserklärung. Die Kosten für Brillen und Zahnbehandlungen sollen weitestgehend abgedeckt werden. Dies und die Aufstockung der Mindestversorgung für Ältere und Behinderte sind konterkarierende Signale gegen das Misstrauen, wonach mit dem Präsidenten Macron ein rücksichtsloser neoliberaler Durchmarsch beginnt.

Hauptkritikpunkt der Medien wie auch aus den Reihen der Opposition ist aber zunächst, dass die konkreten Einzelvorschläge in einem deutlichen Kontrast zur Vagheit der Finanzierung des Gesamtprogramms stehen. Immerhin hat die Regierung ein Finanzierungsloch von acht Milliarden Euro von der vorhergehenden übernommen, wie der Rechnungshof aufgedeckt hatte. Insgesamt bezifferte Philippe die Schuldenhöhe auf 2.147 Milliarden Euro. Ein unerträgliches Niveau, sagte er und kündigte an, dass man sich alledem zum Trotz schon in diesem Jahr an die europäische Verschuldungsgrenze von drei Prozent halten werde, auch wenn dies einem "Tanz auf dem Vulkan" gleichkäme (der Premierminister ist auch Schriftsteller).

Laut seinem Sparplan sollen die Staatsausgaben bis zum Ende der Legislaturperiode - in Frankreich sind das fünf Jahre - um drei Prozent des BIP verringert werden. Frankreich ist berühmt für seine hohe Staatsquote und die hohen Abgaben für die Bürger. Die sollen nun auch abgebaut werden.

Die Sparmaßnahmen sollen nicht auf Kosten des Steuerzahlers gehen, versprach Philippe. Im Gegenteil soll die Abgabenlast langfristig gesenkt werden: bis 2022 um einen Prozentpunkt des BIP. Finanziert werden soll das Ganze durch Kürzungen der öffentlichen Ausgaben um 20 Milliarden Euro. Kein Ministerium soll davon verschont bleiben. Es gebe keine Heiligtümer. Frankreich wolle kein Weltmeister mehr in öffentlichen Ausgaben sein, so der Premierminister.

Zugleich erklärte Philippe aber auch, dass er Ziele wie die 2 Prozent für das Verteidigungsbudget einhalten werde und dass man in den nächsten fünf Jahren 50 Milliarden Euro in den Wandel der Energiepolitik, in die Gesundheitspolitik, die Landwirtschaft ("Kein Bauer soll mehr arm sein") und in die Modernisierung des Staates investieren werde.

Die Bildung soll reformiert werden, weniger Fächer fürs Abitur, die Gymnasien sollen näher an die Arbeitswelt rücken und die Ausbildung mit Unternehmen gekoppelt werden. Ein anderer Schwerpunkt ist Lesen, weil Lesen befreie und emanzipiere. Die Bedeutung des Lesens könne nicht unterschätzt werden. "Die Republik lebt in den Bibliotheken", wird Philippe zitiert. Auch der Breitbandausbau soll vorangetrieben werden. Frankreich soll unverzagt, auf seine Tradition in der Wissenschaft und Kultur bauend, in die Zukunft aufbrechen, so die Überzeung des Premierministers.

Philippe kündigte darüber hinaus noch einige Neuheiten an, wie zum Beispiel die die Einführung eines "nationalen Dienstjahres" für die Jugendlichen, das Macron bereits in seinem Wahlkampf angesprochen hatte, und Fernziele wie die Steuergleichbehandlung von Diesel und Benzin, die Ausarbeitung eines europäischen Asylrechts, die Reduzierung der Bearbeitungszeit von Asylanträgen in Frankreich und eben auch Abgabensenkungen für Unternehmen, um Kosten für die Arbeit zu senken.

Vor allem daran, ob diese Rechnung aufgeht - dass mit Erleichterungen für Unternehmen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden und die Zahl der Arbeitslosen deutlich reduziert wird - wird man den Erfolg der neuen Regierung messen. Das war auch schon bei der vorhergehenden Regierung der entscheidende Maßstab.