Frieden für Äthiopien?
Im Schatten des Ukrainekrieges ist der Bürgerkrieg in Äthiopien nahezu aus den Medien verschwunden. Gibt es nun Bewegung in dem Konflikt um das nördlichste Bundesland Tigray?
Kaum ist eine Jahrhundertheuschreckenplage überstanden, wird das Horn von Afrika derzeit von einer extremen Dürre heimgesucht. Kenia, Südsudan, Somalia und Äthiopien sind besonders betroffen. Im Norden Äthiopiens kommt im Bundesland Tigray eine mittlerweile seit eineinhalb Jahren andauernde Blockade für Hilfslieferungen jeglicher Art hinzu. Es fehlt nicht nur an Nahrungsmitteln – es fehlt an allem.
Ein 16-monatiger Krieg der Regierung gegen das Bundesland Tigray und die Tigray People's Liberation Front (TPLF) hat in Verbindung mit einer Blockade zu einer schweren humanitären Krise geführt. Rund sechs Millionen Menschen in Tigray sind nach Angaben der Vereinten Nationen "faktisch von der Außenwelt abgeschnitten", fünf Millionen Menschen, darunter 500.000 Kinder, benötigen dringend Nahrungsmittel.
Mittlerweile sind hunderttausende an Hunger oder fehlender medizinischer Versorgung gestorben. Darüber hinaus sind Telekommunikations- und Finanzdienstleistungen blockiert und Nichtregierungsorganisationen sowie Journalisten ist weiterhin der Zugang durch die Regierung verwehrt.
Am 24. März nun hat die Führung von Abiy Ahmed Ali in Addis Abeba nun einen unbefristeten Waffenstillstand im Krieg mit Tigray angekündigt.
Die Regierung Tigrays hat dies akzeptiert. Der Waffenstillstand soll nach Angaben der Regierung Tigrays ermöglichen, dass dringend benötigte Hilfsgüter- und Nahrungsmittellieferungen in das Bundesland gelangen können.
Ernstgemeinter Schritt der Regierung oder Propagandacoup?
Obwohl der Waffenstillstand nach der Ankündigung von der Regierung Tigrays akzeptiert wurde, gibt es bisher keine Anzeichen, dass auch nur eine einzige Hilfslieferung die Grenze erreicht. Auch Flüge mit Hilfslieferungen durch das Ausland sind weiterhin blockiert.
Stattdessen wird von massivem Truppenaufmarsch an den Grenzen Tigrays berichtet. Es stellt sich daher die Frage, ob die Regierung Abiy Ahmed Ali lediglich einen Propagadacoup zu landen versucht, um internationale Sanktionen abzuschwächen.
Es wäre nicht das erste Mal, dass der äthiopische Premier das eigene Volk und die internationale Öffentlichkeit belügt. So hat er doch lange geleugnet, dass überhaupt eritreische Truppen in Äthiopien aktiv sind.
Hinzu kommt, dass die aktuellen Rahmenbedingungen für einen erneuten Waffengang günstig erscheinen. So wurden Waffen und Munition aufgestockt, neue Rekruten wurden zu Tausenden neu ausgebildet und die Weltöffentlichkeit schaut auf den Krieg in der Ukraine.
Selbst wenn Abiy Ahmed Ali es tatsächlich ernst meinen würde, bleibt immer noch die Frage, inwiefern die Zentralregierung überhaupt noch die Macht hat, einen solchen Waffenstillstand und Hilfslieferungen tatsächlich durchzusetzen, denn sowohl die ultranationalistischen Amharenmilizen als auch die Eritreer lehnen beides kategorisch ab.
Beide Gruppierungen sind ihn ihrem Hass auf Tigray vereint, reden offen von totaler Vernichtung Tigrays und sind gegenüber der Zentralregierung in den letzten Monaten stetig stärker geworden.
Bisher spricht nichts dafür, dass der jüngste Waffenstillstand mehr ist als ein vager Hoffnungsschimmer. Skepsis ist mehr als angebracht und ohne massiven internationalen Sanktionsdruck wird sich vermutlich nicht viel bewegen. Die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den Einmarsch in die Ukraine zeigt was möglich ist, wenn man nur will