Für einen Toten ist Elvis ziemlich lebendig
Auch im Web ist Elvis Presley 25 Jahre nach seinem Tod unübersehbar präsent
Am 16. August 1977 wurde Elvis Presley, vollgestopft mit Medikamenten, tot in seinem Badezimmer aufgefunden: Todesursache Herzversagen. Damit hätte das Kapitel "King of Rock and Roll" eigentlich abgeschlossen sein können. Doch wie der Kommunikationswissenschaftler Gilbert Rodman es ausdrückt: "For a dead man, Elvis Presley is awfully noisy". Das gilt auch für seine Fans, die im Internet am Mythos Elvis weiterbasteln. Ein Mythos, der aus religiöser Verehrung, schalen Witzen, Sammelleidenschaft und klugen Parodien besteht, was sich dies alles unauflöslich miteinander vermischt.
Die offizielle Heimat von Elvis im World Wide Web wird von der "Elvis Presley Enterprises, Inc." betrieben, die eifersüchtig über ihre Rechte an der Marke Elvis wacht. Auf den Seiten erfährt man alles über die Feiern zu Elvis 25. Todestag in Memphis. 50.000 bis 70.000 Besucher erwarten die Betreiber von Elvis Wohnsitz Graceland dieses Jahr. Höhepunkt der Feiern ist die "candlelight vigil" am 15. August: Eine Kerzenprozession bei der die Fans im Gänsemarsch Elvis Grab passieren. Die Prozession zu Elvis 20. Todestag dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Das Ereignis wird auch als "Vigilcast" auf den offiziellen Elvis-Seiten im Netz übertragen.
Die religiöse Dimension der Elvis-Verehrung wird bei der Kerzenprozession deutlich. So präsentieren sich auch Elvis-Kirchen im Netz und bauen auf der religiösen Verehrung des Stars auf. Der Vergleich zwischen Elvis und Jesus und ein an katholische Riten erinnernder Stil tauchen dabei immer wieder auf. Auch wenn die Elvis-Kirchen nicht vollkommen ernst gemeint sind, eine ironische Distanz ist meist vorhanden, oder eher im Kunst-Kontext angesiedelt sind, manche Betrachter der Seiten nehmen die religiöse Verehrung durchaus ernst. Dies lässt sich in den Gästebüchern nachlesen. Wie weit die Verehrung gehen kann, zeigt Americans for Cloning Elvis. Hunderte Unterschriften will Bob Meyer, Gründer der Aktion, schon gesammelt haben.
"Elvis lebt" ist für eine andere Gruppe von Fans kein leerer Slogan und auch keine Metapher. Elvis lebt wirklich und erscheint als Installateur oder wird beim Einkauf seiner Lieblingsspeisen in Supermärkten gesichtet. Die Sichtungen werden von zahlreichen Seiten dokumentiert. Erstaunlich oft wird er verarmt, in bodenständigen Jobs oder bei alltäglichen Tätigkeiten beobachtet. Elvis, der "poor boy" aus dem Süden, ist freiwillig in den Schoß des Volkes zurückgekehrt.
Wem zugetraut wird, mühelos seinen Tod vorzutäuschen, kann auch schnell in den Verdacht kommen, in andere Geheimnisse verwickelt zu sein. Hier schlägt die Stunde der Verschwörungstheoretiker. Ein Ausgangspunkt der kruden Theorien ist Elvis Besuch beim damaligen amerikanischen Präsidenten Richard Nixon, bei dem es ironischerweise um Elvis Beteiligung am Anti-Drogen-Kampf ging. Und vom Weißen Haus aus lassen sich immer Verbindungen zu den großen amerikanischen Verschwörungstheorien knüpfen. Dazu gehört die Ermordung John F. Kennedys und der angebliche Ufo-Absturz bei Roswell.
Die beste Möglichkeit sich dem Mythos Elvis hinzugeben, ist allerdings, ihn zu verkörpern: Als Elvis-Imitator. Dazu braucht man kein mystisches Zeichen von Elvis zu bekommen, wie ein holländischer Imitator mit seiner weinenden Elvisbüste. Es ist noch nicht einmal nötig, ein weißer angelsächsischer Protestant aus den Südstaaten zu sein, wie Chelvis, der Elvis aus Chinatown, oder der türkische Elvis-Imitator Nevrez Caliskan aus Duisburg beweisen. Selbst eindeutig männlich muss man nicht sein: Die amerikanische Transgenderkünstlerin Leigh Crofthat in den 90er Jahren große Erfolge mit ihrer Elvis-Performance gefeiert. Wer sich selbst als Imitator versuchen will, findet alles Notwendige dazu im Netz: von den Jumpsuits bis zum Ratgeber: "Be Elvis! A Guide to Impersonating the King".