G7-Gipfel mit Russland - und ohne Merkel?
Donald Trump will das Format modernisieren und auch Südkorea, Indien und Australien dabei haben - aber nicht die Chinesen
Am Wochenende verlautbarte US-Präsident Donald Trump, er glaube nicht, dass die vor 45 Jahren ins Leben gerufene und seiner Ansicht nach "sehr veraltete" G7-Gruppe noch "richtig darstellt, was in der Welt vor sich geht". Deshalb wolle er das Format modernisieren und eine "G10 oder G11", zu der neben den USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Kanada auch Russland, Südkorea, Indien und Australien gehören sollen.
Inzwischen teilte der südkoreanische Staatspräsident Moon Jae In mit, er habe sich bei seinem amerikanischen Amtskollegen telefonisch für die Einladung bedankt. Der australische Premierminister Scott Morrison ließ erklären, er sei von Trump noch einmal persönlich angerufen worden und freue sich darauf, am Treffen teilzunehmen.
Auffällige Abwesenheit
Ein Sprecher von Morrisons Kabinett begrüßte die Einladung des australischen Premierministers mit dem Hinweis darauf, dass "eine Stärkung der internationalen Kooperation zwischen gleichgesinnten Staaten in einer Zeit nie dagewesener globaler Herausforderungen wertvoll" sei. Welche Herausforderungen damit außer dem Corona-Schock gemeint sein könnten, sprach er nicht aus.
Wirft man einen Blick auf die Karte und sieht sich an, welcher wirtschaftliche und militärische Riese in Trumps Vorschlägen nicht vorkommt, aber an Indien, Südkorea und Russland grenzt (und nicht sehr weit von Australien entfernt ist), wird deutlich, was er gemeint haben könnte: Den "Umgang mit China", der einer Sprecherin des Weißen Hauses nach eines der Themen des Gipfels sein soll. Der ehemalige australische Außenminister Alexander Downer begrüßte das öffentlich. Der Ansicht des Sozialdemokraten nach würden nämlich "die meisten, wenn nicht alle Länder der indo-pazifischen Region" heute "Vasallenstaaten Chinas" sein, wenn es die USA nicht gäbe.
Russland will Details wissen
Morrison und der indische Premierminister Narendra Modi nahmen bereits im letzten Jahr am G7-Treffen im baskischen Biarritz teil - aber nur als Gäste. Damals hatte sie der französische Staatspräsident Emmanuel Macron eingeladen. Russland dagegen war bei früheren Teilnahmen kein Gast, sondern Mitglied der Gruppe, als diese zeitweilig G8 hieß. Aber nach der Krimkrise 2014 wollten die anderen Staats- und Regierungschefs den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin nicht mehr dabei haben. Daran änderte sich nichts, als Donald Trump sich bei den letzten beiden Gipfeltreffen für eine Wiederaufnahme einsetzte.
Die russische Staatsführung hatte das öffentlich gelassen genommen und argumentiert, die größere G20-Gruppe sei mit Ländern wie China und Indien heute ohnehin viel wichtiger als die wieder auf den alten Freundeskreis aus dem Kalten Krieg geschrumpfte G7. Das betonte auch Konstantin Kossatschow, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat, als er meinte, man müsse erst die Details kennen, bevor man sich zum neuen amerikanischen Vorschlag äußert. Ein bloßer "Platz als Zuschauer" sei nämlich ebenso unannehmbar wie eine "Vereinigung gegen andere Staaten".
Welche Details Donald Trump Wladimir Putin darauf hin telefonisch mitteilte, ist unklar. Aus dem Kreml hieß es dazu bislang lediglich, das gestrige Gespräch zwischen den zwei Staatschefs sei "sachlich" geführt worden und "konstruktiv" gewesen. Außerdem sei "die Bedeutung hervorgehoben worden, den Dialog zwischen Moskau und Washington zu aktivieren. Das sei für die "strategischen Stabilität" und für "Vertrauensmaßnahmen im militärischen Bereich" wichtig.
Trudeau will ohne Putin, Macron nur mit Merkel
Explizit abgelehnt wird eine Wiederaufnahme Russlands weiterhin vom kanadischen Premierminister Justin Trudeau. Er verkündete heute, Russland stelle seinen "mangelnden Respekt vor internationalen Regeln und Normen weiterhin stolz zur Schau", weshalb das Land außerhalb des G7-Kreises bleiben werde. Emmanuel Macron, der andere frankophone Landesvertreter in der Gruppe, verlautbarte nach einem Telefongespräch mit Trump über "Fortschritte bei der Einberufung der G7", dass so ein Gipfel seiner Ansicht nach nicht ohne die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel stattfinden könne.
Für Merkel, die im Mail Macrons Plan zur Einführung von Eurobonds zugestimmt hatte (vgl. Merkel und Macron vereinbaren Quasi-Eurobonds), erklärte ein Sprecher der deutschen Regierung am Wochenende, "in Anbetracht der Pandemie-Gesamtlage" könne sie aktuell "ihre persönliche Teilnahme, also eine Reise nach Washington, nicht zusagen". Ob und unter welchen Voraussetzungen das auch im September oder zu einem späteren Zeitpunkt noch gelten wird, ließ sie offen.
Ein Termin im September wäre der Ansicht von US-Präsident Donald Trump nach günstig, weil die Staats- und Regierungschefs und deren Entouragen dann ohnehin zur UN-Generalversammlung in New York in die USA reisen. Findet das G-Treffen unmittelbar davor oder danach statt, könnten sie neben Steuergeld auch Flüge sparen. Aber auch zu einer Verschiebung auf einen Termin nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl im November wäre der Präsident nach eigenen Angaben bereit.
Ursprünglich war der G7-Gipfel mit den USA als Gastgebern für die Zeit zwischen dem 10. und dem 12. Juni geplant. Nachdem sich die Corona-Pandemie aber auf der ganzen Welt ausbreitete, vereinbarten die Staats- und Regierungschefs im März eine bloße Videokonferenz. Inzwischen hat man die Situation Trumps Ansicht nach aber wieder so weit im Griff, dass auch ein persönliches Treffen möglich ist.
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