GHZ: der galaktische Wohnraum
Ein neues Modell lässt vermuten, dass zehn Prozent der Sterne in der Milchstraße die Bedingungen für komplexes Leben bieten
Der Astronom Guillermo Gonzales prägte 2001 den Begriff von der "galaktischen Bewohnbarkeitszone" (GHZ) . Seine Daten waren allerdings noch nicht so berechenbar wie die von Charles Lineweaver und Kollegen, die in Science eine Zukunftsversion vorstellen: in unserer Milchstraße nimmt eine ringförmige Region an Größe zu (vgl. 30 Milliarden Erden in unserer Milchstraße?). Was hat es mit diesem Modell der Evolution auf sich?
Letztlich geht es um die Präsenz eines dominierenden Sterns, genug so genante schwere Elemente, um terrestrische Planeten zu bilden, ausreichend Zeit für die biologische Entwicklung und eine Umgebung, die frei von der Zerstörung lebensbegrenzender Supernovas ist. Damit beschrieben die Autoren eine Galaxie, deren Sterne genügend Elemente zur Entstehung eines erdengleichen Planeten besitzen
Allerdings sind diese Vorhersagen erst in einigen Jahrzehnten zu prüfen, wenn die Wissenschaftler mehr über die Planenten außerhalb unseres Solarsystems wissen. Die GHZ, die "Galaktic Habitable Zone", ist eine ringförmige Region, die in der galaktischen Disk liegt und die schweren Elemente trägt, wie sie für die Bildung terrestrischer Planenten erforderlich sind und die biologische Bildung komplexen multizellulären Lebens beinhaltet.
Die Simulation der Galaxie folgt in zwei sich überlappenden Perioden, der Bildung von Halo und Disk. Obwohl eine Verzögerung zwischen dem Entstehen der Halobildung und der dünnen Diskbildung besteht, überlappen sich diese Vorgänge. Ferner beobachten die Forscher in ihrem Modell die Bildung der schweren Metalle, also alles außer Wasserstoff und Helium, sowie den Austausch zwischen den Sternen und dem Gas. Mit zu wenig Metall ist es unmöglich, dass sich erdähnliche Planenten bilden, mit zuviel Metall entstehen gigantische Planeten, die erdähnliche Gebilde zerstören.
Die Gleichung für GHZ ergibt sich damit aus: PGHZ = SFR x Pmetals x Pevol x PSN, wobei SFR die Sternbildung symbolisiert, Pmetals die Metallbildung, Pevol die Evolutionszeit und PSN die lebenszerstörenden Supernova-Explosionen.
Diese Gleichung lässt sich nach den vier Größen auflösen und erlaubt somit die Zeit zu berechnen, die statistisch unter der Annahme der Verhältnisse auf der Erde möglich ist. Dabei wird der Tod massiver Sterne, gedacht ist das achtfache der Sonne, Supernovas entstehen lassen. Über die Strahlungen (kosmisch, Gamma-, Röntgenstrahlen) und die Wellen werden sie erdähnliche Planeten zerstören. Andererseits wird auf den Planeten ausreichend Zeit notwendig sein, um biologisches Leben zu entwickeln und zu bilden.
Alle Daten zusammengenommen ergeben eine überraschende Einsicht: 8 Millionen Jahre und 25.000 Lichtjahre von dem galaktischen Zentrum entfernt werden benötigt - ganz wie die Entfernung der Sonne von unserem Planeten. Diese Zone hat sich langsam vom galaktischen Zentrum abgelöst. Ferner sind mehr als drei Viertel der Sterne älter als die Erde, nämlich mehr als eine Milliarde Jahre. "Wenn man wissen will, ob sich die extraterrestrische Intelligenz entwickelt, ist das eine nüchterne Überlegung. Eine Milliarde Jahre ist eine lange, lange Zeit," erklärt Charles Lineweaver.
Andere Astronomen sehen das anders. Virginia Trimble von der University of California, die 1997 die galaktische Bewohnbarkeit in Erwägung zog, stellt fest: "Quantitative Aussagen sind nicht besser, bis man sicher sein kann, dass die Zahlen echt sind. Ich denke, die Autoren schenken der Umwelt zuviel Beachtung. Denn wenn ein komplexes Leben doppelt so lange dauert wie auf der Erde, dann müssten die alten Sterne, die dem Zentrum näher sind, mehr Einfluss haben - ungeachtet der Supernovae."
Dennoch: Charles Lineweaver sieht gute Gründe, die Debatte zu fördern: "Wenn es um die Entwicklung von Leben geht, zucken die Astronomen zurück. Es ist eben ein Tabu. Ich möchte die astrobiologische Gemeinschaft dazu ermutigen, dieser Frage nachzugehen."