Ganz schön gruuuuuuuselig!
Wohl dosierte Balance zwischen Action und Storytelling: "Ghostbusters: The Video Game"
Soll noch mal jemand sagen, man könne aus guten Filmen keine guten Computer- und Videospiele zaubern. Im Fall von „Ghostbusters: The Video Game“ beweisen die Entwickler nämlich großes Gespür, wie der Test auf der PlayStation3 zeigt.
1984: Eine Zeit, in der der Film noch die Nase vorn hat. David Cranes Adaption der actionreichen Gruselkomödie „Ghostbusters“ kann nicht mit den Spezialeffekten mithalten – dazu ist die Computertechnologie in jenen Tagen einfach noch nicht imstande. Dafür heute. Denn so viel sei schon mal gesagt: In den Actionsequenzen in „Ghostbusters: The Video Game“ werden wahre Blitzgewitter entzündet. Vor 25 Jahren hätte man sich dieser Art der Darstellung sicher gern bedient. Da entstanden zum Beispiel die Protonenstrahlen der Helden nämlich „nur“ mittels Rotoskopie, einem Verfahren, das bereits 1915 patentiert wurde. Trotzdem hat es uns damals gar nichts ausgemacht; der Film war einfach cool.
Genauso cool kommt auch die neue Spielumsetzung daher. Der Grund: Dan Aykroy, Bill Murray und Harold Ramis, die einzig wahren Ghostbusters dieser Erde, haben das Drehbuch geschrieben und Ideen eingebracht. Man steuert zwar weder Egon Spengler (Ramis) noch Ray Stantz (Aykroyd) oder Peter Venkman (Murray), doch man ist fast immer mit einem oder allen von ihnen unterwegs, um die Bewohner New Yorks vor dem Schlimmsten zu bewahren. Weshalb? Na deswegen: Der Marshmallow-Mann, das Wolkenkratzer große Wesen im niedlichen Seemannsdress, sorgt wieder für Unruhe, genauer gesagt: für Panik. Also springen die Protagonisten in ihren altbekannten Einsatzwagen Ecto 1.
„Hier draußen regiert der Wahnsinn!“, berichtet ein TV-Journalist den Zuschauern an ihren Bildschirmen, während im Hintergrund eine Massenkarambolage stattfindet, weil der Marshmallow-Mann mit abgedrehter Mine die Hauptverkehrsstraße betritt. Böse geworden ist er, der beliebte Star einer Kinderserie, so böse, dass er auf die Angriffe meines zu steuernden Nachwuchs-Ghostbusters und seiner Kollegen mit verkohlten Marshmallow-Klumpen reagiert, denen blutrünstige Viecher entspringen. Selbst meine Bosonenpfeile steckt der übergroße Gegner weg, so dass nicht anderes hilft, als die Flucht zu ergreifen. Sinnvoller ist es ohnehin, darauf zu achten, welches Ziel der Marshmallow-Mann verfolgt.
Ist der Auftrag erledigt, dem übrigens ein nasser Spaß im Fünf-Sterne-Hotel Sedgewick voranging, dann kehrt für einen Moment Ruhe ein. Für einen Moment jedoch nur. Denn eigentlich ist schon die ganze Zeit klar, dass der Marshmallow-Mann von einer fremden Macht besessen gewesen sein muss. Dr. Ilyssa Selwyn, die die Ghostbusters mit Ach und Krach vor dem riesigen Wesen retten konnten, könnte der Schlüssel sein. Morgen soll ihre neue Ausstellung eröffnet werden. Doch ob es dazu kommt? Zunächst erst einmal sieht es nicht danach aus: Die Helden bekommen in der Bibliothek mit einem Büchergolem Ärger und treffen im Archiv auf den Geist einer alten Bibliothekarin…
Es ist die wohl dosierte Balance zwischen Action und Storytelling, die das Videospiel so erlebenswert macht. In regelmäßigen Abständen muss meine Spielfigur Geister mittels Protonenstrahl einfangen, durchschütteln und in die Falle manövrieren. Bis das gelingt, können zuweilen mehrere Minuten vergehen. Zum einen wehren sich die Biester, zum anderen unterbrechen Objekte in der Umgebung den Strahl oder mein Gerät überhitzt. Zudem muss der Geist mehrere Sekunden innerhalb des gelben Lichtkegels bleiben, der erscheint, sobald der Gejagte in unmittelbarer Nähe der aufgestellten Falle herumzappelt. Umso erfreulicher also, wenn es einem glückt.
Wie es sich für eine niveauvolle Adaption gehört, unterstützt Ray Parker Jr. den Soundtrack mit seinem 1984er-Hit. Fans der beiden Filme (1984, 1989) fühlen sich daher sofort zuhause. Doch vor allem sind es die Dialoge, die dafür sorgen. Immer wieder kommen den Ghostbusters coole Sprüche über ihre Lippen: Mitten im Kampf gegen den Marshmallow-Mann etwa äußert Ray, was das für ein toller Blick auf Manhattan sei, von hier oben. In einer anderen Situation seien „die Werte“ in der Umgebung „so hoch wie ein psychischer Dampfkochtopf“. Oder wenn der Geist der Bibliothekarin so viele Buchdämonen losschickt, dass Ray und Egon sich innig wünschen, Print sei tot – habe das nicht eh mal irgendjemand gesagt?
Es ließen sich noch etliche Beispiele anführen, doch bringen würde das wenig. Man muss das Game schon selbst zocken; nur dann bekommt man ein Gefühl dafür, wie toll es ist. Situationskomik lässt sich sowieso sehr schlecht wiedergeben. Man kann aber sagen, dass die Umsetzung auf allen Ebenen der Vorlage entspricht. Und setzt man sich während des Zockens einen Kopfhörer auf, hat man auch mehr von den übersinnlichen Stimmen, die man hier und da vernimmt. Nur muss man sich dann damit abfinden, dass einem das Gegrunze der aggressiven Geister längere Zeit im Gedächtnisohr steckt. Who you gonna call?