"Gas is over"
Seite 3: Nord Stream 2
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Derweil könnte das oben erwähnte Frackinggas irgendwann über die an der Nordseeküste geplanten Flüssiggasterminals auf den deutschen Markt kommen. Wenn es denn mit dem bisher hierzulande verbrauchten Erdgas aus Norwegen, den Niederlanden und Russland konkurrieren kann, und wenn die umstrittenen Anlagen tatsächlich gebaut werden.
Ein weitere Gaspipeline aus Russland, Nord Stream 2, steht derweil kurz vor der Vollendung. Wie in der letzten Wochenschau bereits erwähnt, hat die rot-schwarze Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern eine Stiftung gegründet, mit der die von den USA angedrohten Sanktionen umgangen werden sollen. Die Satzung dieser "Klimastiftung" sichert der Nord-Stream-2-Gesellchaft maßgeblichen Einfluss.
Künftig soll also noch mehr Gas aus Russland nach Deutschland gepumpt werden. Unter der Umgehung der osteuropäischen Staaten wird die Pipeline wie bereits Nord Stream 1 am Boden der Ostsee verlegt und in der unmittelbaren Nachbarschaft des stillgelegten Atomkraftwerks "Bruno Leuschner" bei Greifswald angelandet.
Das EU-Parlament hatte sich am 21. Januar mit großer Mehrheit für den Stopp des Baus ausgesprochen. Von den deutschen Abgeordneten stimmten nach Angaben des Grünen-EU-Parlamentariers Sven Giegold 39 gegen die Pipeline (CDU 6, CSU 1, Grüne 25, SPD 1, FDP 5, Freie Wähler 1) und 41 für den Weiterbau (CDU 10, CSU 2, SPD 13, AFD 11, Linke 4, Sonneborn 1). Die restlichen haben sich enthalten oder nicht an der Abstimmung teilgenommen.
In der Auseinandersetzung um die Pipeline trifft eine einzigartige Gemengelage von Interessen und Sichtweisen aufeinander. Die einen lehnen sie ab, weil sie gegen Geschäfte mit Russland sind, die anderen stimmen aus dem gleichen Grund zu, weil sie die Stimmungsmache gegen den Nachbar im Osten und die NATO-Manöver an seinen Grenzen kritisieren.
Der Abgeordnete Martin Sonneborn von der PARTEI begründet seine Unterstützung der Pipeline hingegen damit, dass die Alternative Frackinggas aus den USA wäre, das teurer und wesentlich klimaschädlicher sei.
Mit letzterem hat er sicherlich recht, aber es fragt sich, ob sie Alternativen tatsächlich so stehen. Deutschland leidet ja bisher keineswegs an Erdgasmangel, auch wenn die eigene Förderung in den letzten zwei Jahrzehnten immer weiter zurückging. Zum anderen ist russisches Erdgas vielleicht nicht ganz so schlimm wie Frackinggas. Aber auch bei seiner Verbrennung wird das Treibhausgas Kohlendioxid freigesetzt.
Und damit müsste spätestens 2035 Schluss sein, wenn Deutschland seine in der Pariser Klimaübereinkunft eingegangenen Verpflichtungen ernst nehmen will. Anders als von den Freunden der Pipeline behauptet, ist Gas bestenfalls für die nächsten zehn oder 15 Jahre eine Übergangslösung. Wer hingegen jetzt noch Milliarden in diese Technik steckt, macht damit Druck, den Klimaschutz zu missachten. Anders können sich diese Investitionen nicht mehr amortisieren.
Das sieht auch der Chef der EU-eigenen Europäischen Investitionsbank EIB Werner Hoyer offenbar so. Die Bank wolle gänzlich aus der Förderung von Investitionen in fossile Energieträger aussteigen. Diese seien mit den Klimazielen - die EU strebt an, bis 2050 klimaneutral zu sein - nicht vereinbar, so Hoyer vergangene Woche auf einer Pressekonferenz. "To put it mildly, Gas is over" zitiert ihn die Plattform Euractive.