"Gas is over"

Seite 2: Kurswechsel in Washington

Das ist seit letzter Woche Geschichte. Der neue US-Präsident, Joe Biden, hat als eine seiner ersten Amtshandlungen per Präsidialdekret den Austritt rückgängig gemacht. Die USA verpflichtet sich also wieder, ihre Treibhausgasemissionen zu begrenzen und die in Paris formulierten Ziele anzustreben. Das ist erfreulich, aber man sollte sich klar sein, dass es zunächst nicht viel mehr als ein symbolischer Akt ist.

Wie alle großen Ökonomien bleibt auch die USA süchtig nach fossilen Brennstoffen, auch wenn dort trotz der rabiaten Rhetorik der letzten Jahre und der Aufweichung zahlreicher Umweltstandards Verbrauch und Abbau der Steinkohle stark rückläufig ist. Allerdings werden die Kohlekraftwerke meist von neuen Gaskraftwerken verdrängt, die fürs Klima ähnlich schädlich sind.

Zwar entsteht bei der Verbrennung von Erdgas weniger Kohlendioxid pro Kilowattstunde, doch bei der Förderung und Transport entweicht ein Teil des Gases und das ist fürs Klima schlimmer, als wenn es verbrannt würde. Methan, sein Hauptbestandteil ist nämlich ein wesentlich effektiveres Treibhausgas als das bei der Verbrennung freigesetzte Kohlendioxid.

Besonders das in den USA im großen Umfang geförderte sogenannte Frackinggas, das mit Hochdruck und diversen Chemikalien aus kleinen Einschlüssen im Schiefergestein extrahiert wird, ist als Klimakiller berüchtigt. US-Wissenschaftler schätzen, schreibt das Magazin National Geographic, dass mehr als die Hälfte des in den letzten Jahren zusätzlich in die Atmosphäre gelangten Methans aus der nordamerikanischen Schiefergasförderung stammt.

Aus für Keystone-XL-Pipeline

Joe Biden hat an seinem ersten Tag noch einige andere in Sachen Umweltpolitik richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Wie berichtet, widerrief er die Erlaubnis für den Bau der Keystone-XL-Pipeline. Über diese sollte Erdöl aus Kanadas Inlandprovinz Alberta in den Südosten der USA exportiert werden.

Größtenteils handelt es sich dabei um Öl, das aus sogenanntem Teersand gewonnen wird. Dieser wird in großen Tagebauen abgebaut und mit erheblichen Energieaufwand synthetisiert. Unter anderem deshalb ist das Projekt seit vielen Jahren hochumstritten.

Präsident Barack Obama hatte schließlich 2015 einen Baustopp per Veto gegen ein Pipeline-Gesetz des Senats verfügt. Im Januar 2017 hatte sein Nachfolger Donald Trump seinerzeit bei Amtsantritt auf dem Verordnungswege das Veto wieder aufgehoben, ganz so wie Biden es nun erneuert hat.

Zwischenzeitlich hatte 2018 ein US-Gericht einen Baustopp verfügt, um weitere Umweltgutachten einzuholen. Im April 2020 war dann doch mit dem Bau begonnen worden, nachdem sich Präsident Trump mit einer weiteren Verordnung eingeschaltet hatte. Im Sommer wurde der Baustopp dann allerdings erneuert, wie Telepolis seinerzeit berichtete: Steigende Methanemissionen.

Nun steht Kanadas Teersandindustrie vor dem Problem, wie sie ihre Exporte weiter steigern kann, schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg. Für die Provinz sei es Zeit sich Gedanken über eine Zukunft ohne Öl zu machen, zumal hohe Produktionskosten und ein anscheinend nachhaltig niedriger Ölpreis aufgrund schwacher Nachfrage die fortgesetzte Naturzerstörung unprofitabel machen.