Gegen Konzerne helfen nur Konzerne
Die EFF lässt die Felten-Klage fallen und sucht im Kampf gegen den Kopierschutz-Wahn Verbündete in der Industrie
Die juristischen Auseinandersetzungen zwischen Princeton-Professor Edward F. Felten und der Musikindustrie haben ein Ende gefunden: Felten und die ihn unterstützende Electronic Frontier Foundation (EFF) verzichten auf weitere Rechtsmittel. Dafür will die EFF nun offenbar den CD-Erfinder Philips als Partner im Kampf gegen Kopierschutz-Mechanismen gewinnen.
Diese Woche erklärte Edward Felten gemeinsam mit dem Anwaltsteam der EFF, nach ihrer Niederlage im November nun keine Rechtsmittel mehr im Verfahren gegen die Musikindustrie einlegen zu wollen. Felten war dadurch berühmt geworden, dass er mit einem Team von Kryptografie-Forschern am Hack-SDMI-Wettbewerb der Secure Digital Music Initiative (SDMI) teilgenommen und alle dort vorgestellten Verfahren geknackt hatte. Als sein Team versuchte, die Analyse der Angriffe zu publizieren, wurde es mehrfach massiv von Musikindustrie und Wasserzeichen-Herstellern unter Druck gesetzt. Dagegen wehrte sich Felten, indem er die Kontrahenten kurzerhand wegen Behinderung der Forschungsfreiheit verklagte.
Eigentlich hatte dieser Rechtsstreit so etwas wie ein Muster-Prozess gegen den DMCA und seinen Missbrauch durch die Copyright-Industrie werden sollen. Doch nachdem Feltens Klage Ende November nach nur 25 Minuten Verhandlung als unbegründet zurückgewiesen wurde, begann offenbar auch die EFF, an den Chancen dieses Projekts zu zweifeln. Als Niederlage will man den Verzicht auf weitere Rechtsmittel dennoch nicht gewertet sehen. Schließlich habe erst der Prozess RIAA & Co. dazu gezwungen, zu bekunden, dass man keinesfalls Einfluss auf Wissenschaftler und ihre Arbeit nehmen wolle. Auch habe erst der juristische Druck ermöglicht, dass Felten sein Papier im Sommer letzten Jahres schließlich doch noch vorstellen konnte. Cindy Cohn von der EFF kommentierte die entsprechenden Äußerungen der Industrie mit den Worten:
"Wenn sie sich an ihre Verlautbarungen halten, kann die wissenschaftliche Arbeit unvermindert fortgesetzt werden. Sollten sie rückfällig werden, wird die EFF zur Stelle sein."
Nach Felten kommt Philips
Doch bei dem Versuch der EFF, die juristische Niederlage als moralischen Sieg darzustellen, bleibt ein etwas schaler Nachgeschmack zurück. Offenbar ist der Plan der EFF, Richter mit der Autorität eines Wissenschaftlers zu beeindrucken, nicht aufgegangen. Und offenbar haben Felten und seine Kollegen auch einfach etwas anderes zu tun, als sich durch nicht enden wollende Gerichtsverfahren zu quälen. Dies legt zumindest eine Äußerung von Cohn gegenüber Wired Online nahe. Dem Onlinemagazin erklärte sie, die Forscher seien nunmal keine "Berufs-Prozessführer."
Deshalb beginnt man bei der EFF nun, sich nach mächtigeren Gegnern im Kampf gegen die Copyright-Industrie und ihre technische Schutzmaßnahmen umzusehen. Neuester Hoffnungsstern ist dabei Philips. Das niederländische Unternehmen hat gemeinsam mit Sony den Audio-CD-Standard erfunden und sich in den vergangenen Wochen vermehrt gegen Kopierschutztechniken, die diesen Standard kompromittieren, zu Wort gemeldet. Die EFF will Philips nun mit einer Kampagne den Rücken stärken und ruft dazu zur Mitarbeit der Netzgemeinde auf.
Konkret will man Philips dazu ermuntern, sich dagegen zu wehren, dass "der gute Name des CD-Labels" durch kopiergeschützte und damit fehlerhafte CDs beschmutzt wird. Dazu solle Philips von der Musikindustrie einfordern, dass die kopiergeschützten Tonträger nicht als Audio-CDs gekennzeichnet und in Plattenläden getrennt von diesen platziert werden. Außerdem sollten Consumer Electronics-Hersteller die Freiheit haben, Geräte zu entwickeln, die den Kopierschutz der CDs umgehen können.