Gegen Rechtsbruch: Verfassungsjuristen fordern endlich Klimaschutz gemäß Grundgesetz

Seite 2: Jurist:innen: Haltet den Verfassungsauftrag zum Klimaschutz ein!

Zu dieser aktuellen Novelle des Klimaschutzgesetzes wurde Ende August ein Appell von über 60 Verfassungs- und Völkerrechtlerinnen an Universitäten veröffentlicht. Die Wissenschaftlerinnen fordern die gesetzgebenden Organe des Bundes auf, das Klimaschutzgesetz nicht abzuschwächen.

Sie rufen die Bundesregierung dazu auf, ein effektives Klimaschutzprogramm mit ausreichenden Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaschutzziele und damit der völker- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu beschließen.

Die Unterzeichnenden erinnern ausdrücklich an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im März 2021, in der klargestellt wurde, dass das Grundgesetz zu wirksamen Maßnahmen gegen die Erderwärmung verpflichtet.

Aufforderung zur Wahrung der Verfassungsrechte bei Klimaprotesten

Gleichzeitig kritisieren die Unterzeichnenden viele mediale Diskussionsbeiträge über bestimmte Protestformen, wie etwa Straßenblockaden. Insbesondere Forderungen nach einer Verschärfung straf- und polizeirechtlicher Reaktionen sind beunruhigend und in vielen Fällen verfassungsrechtlich fragwürdig, denn das Versammlungsrecht schützt auch Protestformen, die disruptiv wirken und von der Mehrheit als Störung empfunden werden.

Viele Medien ignorieren Stellungnahme

Unentwegt berichten auflagenstarke Medien in Deutschland über die Proteste von Klimaschützerinnen und Klimaschützern. Vor allem die Straßenblockaden der Letzten Generation werden in Berichten und vielen Kommentaren oft an den Rand der Staatsfeindlichkeit gedrängt.

Dabei fordern die Protestierenden gerade die Einhaltung des Grundgesetzes und sind damit im Gegensatz zu denen, die das Klima mit weiteren Emissionen schädigen, verfassungskonform. Gleichzeitig erhalten die Forderungen großer Interessengruppen wie der Industrie, Bauwirtschaft oder Gewerkschaften nach weniger Klimaschutzmaßnahmen breiten medialen Raum.

Es ist erschreckend zu sehen, dass, abgesehen von wenigen Ausnahmen, der Großteil der auflagenstarken Medien diesen eindringlichen Appell der Juraprofessor:innen ignoriert und stattdessen täglich gegen stärkeren Klimaschutz und Klimaschutzproteste Stimmung macht.

Die Süddeutsche Zeitung hat den Appell stark und richtig kommentiert: "Die Bundesregierung bricht fortlaufend deutsches Recht." Auch haben die Berliner Zeitung, die Taz, Zeit Online, der Tagespiegel und die Main Post positiv darüber berichtet.

Dennoch sollten gerade die großen Medien prominent über einen solchen Appell informieren, vor allem wenn sie kontinuierlich die aktuelle Klimapolitik als zu weitgehend und die Klimaproteste als zu störend kritisieren.

Eigentlich ist kaum zu verstehen, warum insbesondere die Springer-Medien wie Bild und Welt nicht substanziell dazu berichten. Doch das ist kein Wunder.

Gerade wurde der bedeutendste Gesellschafter der Axel-Springer-Gruppe, das Finanzunternehmen KKR, dabei entlarvt, signifikante russische Erdölgeschäfte zu tätigen. Es liegt nahe, dass Springer-Medien beim Klimaschutz wohl sehr zurückhaltend berichten, um die Geschäfte von KKR nicht zu stören.

Es ist nicht nur höchst beunruhigend, dass die Klimakatastrophen permanent und massiv zunehmen, wie in diesem Sommer. Mich beunruhigt genauso stark, dass ein wichtiger Teil der auflagenstarken Medien eine stärkere Politik für mehr Klimaschutz unentwegt als zu teuer und als zu hohe Belastung kritisiert.

Gleichzeitig werden die verzweifelten Klimaprotestierenden vielfach kriminalisiert, die klaren Aussagen von Professor:innen aus dem Verfassungs- und Völkerrecht weitgehend ignoriert, ebenso wie die alarmierenden Erkenntnisse der Wetterextremforscher.

Sehen diese Journalistinnen und Journalisten von u.a. Bild, Spiegel, FAZ, Welt, Handelsblatt, ARD, ZDF, DPA denn nicht, dass sie mit der dauerhaften Betonung, Klimaschutz sei eine Belastung, nicht nur die Zukunft der Gesellschaft, sondern auch ihre eigene persönliche Zukunft und die ihrer Kinder in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in den Wirren zunehmender Wetterextreme aufs Spiel setzen?