Gentech-Zulassung: Bundesrat nimmt EU-Behörde ins Visier

Risikoanalysen sollen nicht mehr ausschließlich von der EFSA dominiert werden - Opt-out bleibt in Deutschland weiter Thema, während Österreich bereits ein nationales Rahmengesetz zum Anbauverbot beschlossen hat

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Die, für die Risikobewertung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) zuständige Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) steht seit langem in Kritik. Immer wieder wurde ihr eine allzu "industriefreundliche" Genehmigungspraxis vorgeworfen. Der Bundesrat fordert nun die Bundesregierung auf, sich für Änderungen einzusetzen. So soll die "Risikoanalyse nicht ausschließlich von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit" erfolgen, heißt es in dem Beschluss der 935. Sitzung. Auch soll die Kommission "nicht ohne Zustimmung der Mitgliedstaaten" GVO zulassen können.

In der Stellungnahme wird zudem darauf hingewiesen, dass bereits mehrfach - beispielsweise durch den EU-Umweltministerrat am 4. Dezember 2008 und durch das das Europäische Parlament am 5. Juli 2011 - Verbesserungen der Risikobewertung gefordert wurden. Speziell sollten Umweltbelange stärker berücksichtigt werden, was der Bundesrat bereits 2014 urgiert hätte.

In der Vergangenheit konnten sich die zuständigen Minister der EU-Mitgliedsländer oft nicht über Zulassung oder Nicht-Zulassung einer bestimmten gentechnisch veränderten Sorte einigen. Das Procedere sieht in solchen Fällen einen Kommissionsentscheid vor. In den meisten Fällen votierten die Kommissionsmitglieder für Zulassungen. Das sollte nach mehrheitlicher Meinung des Bundesrats ebenfalls geändert werden. Aus den bisher veröffentlichten Dokumenten zum Bundesratsbeschluss geht allerdings nicht hervor, wie eine entsprechende Regelung konkret aussehen könnte.

Opt-out für Futtermittel und GV-Anbau

Den Anlass für die Diskussion dieser Themen bot ein EU-Vorschlag, wonach Opt-Out-Regelungen auf Futter- und Lebensmitteln ausgedehnt werden könnte. Dieser "Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 hinsichtlich der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, die Verwendung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen", stieß allerdings auf Skepsis. Der Bundesrat sah den EU-Vorschlag als nicht ausgefeilt an:

Unter anderem fehlt eine Folgenabschätzung und es wird - anders als zum Beispiel in der Richtlinie (EU) 2015/412 zur Opt-out-Regelung beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen - keine beispielhafte Liste für Gründe angeführt, die ein nationales Verbot in den einzelnen Mitgliedstaaten rechtssicher begründen könnten. Weiterhin sind die Konsequenzen einer möglichen Umsetzung in den Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Binnenmarkt und die WTO-Regelungen nicht abschätzbar.

Bundesrat

Was die Opt-out-Regelung für den Anbau von Gentech-Sorten in Deutschland anbelangt, wurde ein Gesetzentwurf von fünf grünen Länderministern eingebracht (Gentechnik-Verbote: Länder machen Druck). Laut dem Portal keinegentechnik.de schlossen sich der Initiative inzwischen auch Hessen und Thüringen an. Wie Telepolis berichtete, wollen NGOs, Bio-Branche, Naturschutzexperten und mehrere Länder eine einheitliche Gesetzgebung durch den Bund, um einen "Flickenteppich" in der Landwirtschaft zu vermeiden. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) hingegen argumentiert, dass eine Opt-out-Regelung auf Länderebene rechtssicherer wäre.

Österreich beschließt nationales Anbau-Verbot

Vorreiter in Sachen Opt-Out ist inzwischen Österreich: Der österreichische Nationalrat hat bereits am 8. Juli als erstes EU-Mitgliedsland ein nationales Rahmengesetz zur Opt-out-Regelung für den Anbau von gentechnisch veränderten Sorten beschlossen. In Österreich will man mehrheitlich keine gentechnisch veränderten Pflanzen auf den Feldern.

Das neue Rahmengesetz würde nun ein "einheitliches Vorgehen aller Bundesländer" gewährleisten, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. Ein Beirat des Bundes und der Länder würde dabei die Koordination übernehmen. "Die Regelung schafft Rechtssicherheit für Österreichs Bäuerinnen und Bauern ebenso wie für die Konsumentinnen und Konsumenten", betonte Agrarminister Andrä Rupprechter (ÖVP).

Wichtige Details der österreichischen Regelung wurden von den oppositionellen Grünen eingebracht. "Umweltverbände wurden in den Beirat aufgenommen und Gruppenverbote von GVOs (gentechnisch veränderte Organismen) sind nun ebenfalls möglich", betonte der grüne Sprecher für Landwirtschaft und Regionalpolitik Wolfgang Pirklhuber. Insbesondere die Aufnahme von relevanten NGOs in Beiräte könnte auch für andere Länder richtungsweisend sein.