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Interna publik gemacht: Deutsche Industrieverbände gegen "Kyoto"
„Wettbewerbsfeld globaler Klimaschutz: deutsche Kernkompetenzen optimal nutzen“: So ist ein Positionspapier des BDI übertitelt, welches die Deutsche Umwelthilfe kurz nach dem Start der Weltklimakonferenz in Montréal auf ihrer Webseite publik gemacht hat – mitsamt Kommentaren von Industrie und Verbänden. Bereits „der Titel konzentriert sich ausschließlich auf das Thema Klimaschutz“, merkt die BASF an; er sei „ein Spiegelbild einseitiger Klima-Politik der letzten Jahre“. Damit ist die Richtung vorgegeben. Unverholen kommt in den Randbemerkungen zum Ausdruck: Die meisten Mitglieder des BDI würden sich gerne aus dem Kyoto-Protokoll verabschieden.
Bislang hatten sich die deutsche Industrieverbände und Großunternehmen mehr oder weniger klar zu internationalen Klimaschutzabkommen bekannt.
Der Politik kommt (...) die Aufgabe zu, im internationalen Kontext klimapolitisch effektive und wirtschaftlich vertretbare Zielvorgaben festzulegen und eine zunächst zwischen den Industrieländern auf Basis des Kyoto-Protokolls abgestimmte verlässliche Strategie zu formulieren
heißt es noch in einer Erklärung von econsense, dem vom BDI maßgeblich mitgetragenen Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft.
Der Glaubwürdigkeit wortstarker Bemühungen um „Nachhaltige Entwicklung“ versetzt das nun durch die Deutsche Umwelthilfe veröffentlichte interne Positionspapier des BDI einen herben Schlag. Unternehmen wie die BASF sprechen sich in dem Papier vehement gegen jegliche über den Rahmen von Selbstverpflichtungen gehende Regulierungen aus:
Die Realisierung der Forderung nach ‚langfristig international abgestimmten und verbindlichen Rahmenbedingungen für CO2-ärmere Umwandlungs- und Produktionsverfahren’ wäre ein massiver staatlicher Eingriff in die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen und wird daher von uns abgelehnt.
Höchstwerte für Kohlendioxid-Emissionen werden von an dem Entwurf beteiligten Akteuren wie der Wirtschaftsvereinigung Stahl entschieden verworfen:
An mehreren Stellen wird in dem Papier festgestellt, dass Klimavorsorge absolute Emissionsobergrenzen zwingend voraussetzt. Dies widerspricht doch den dem Ansatz des asiatisch-pazifischen Klimapaktes, dessen Vorbildfunktion wird zukünftig vertreten wollen.
Die BASF pflichtet dem in einer weiteren Anmerkung zum Text bei:
Missverständlich ist, dass „Deutschland am (Kyoto-Protokoll) und an den absoluten Reduktionszielen festhalten will".
Selbst eine so allgemeine Formulierung wie jene, dass die Treibhausgasemissionen „weltweit deutlich reduziert werden“ müssen, „um das in der Klimarahmenkonvention niedergelegte Ziel zu erreichen“, wobei „die Klimapolitik (...) jedoch deutlich kosteneffizienter werden“ müsse, wird als „vorauseilender Gehorsam“ kommentiert, mit denen sich der BDI unbotmäßig Positionen von Greenpeace und der EU-Kommission zu eigen mache.
Selbst wenn das Papier wegen der inneren Zerstrittenheit der Wirtschaft nie über den Entwurfsstatus hinauskommen sollte, kommentiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch den ungewöhnlichen Schritt der Gesamtveröffentlichung des der DUH zugespielten Dokuments, so biete „vor allem die interne Kommentierung einen einmaligen Einblick in die Anti-Klimaschutzstrategien zentraler Akteure der Industrie.“
Die (um die Kommentare bereinigte) Version des Positionspapiers, die der BDI auf Nachfrage zugänglich macht, nimmt sich übrigens auch um einiges zahmer aus. Hier heißt es beispielsweise:
Das Kyoto-Protokoll zur UN-Klimarahmenkonvention ist seit Februar 2005 in Kraft. Die Industrie begrüßt das In-Kraft-Treten des Kyoto-Protokolls, da eine effektive internationale Kooperation bei Klima- und Energiepolitik unerlässlich ist.
Verlassen kann man sich auf solche Erklärungen, wie die nun öffentlich gewordene interne Auseinandersetzung zeigt, wohl kaum. Und dennoch: Wenigstens die Chance, sie beim Wort zu nehmen, haben die Industrievertreter uns gelassen. Das ist, bei aller durchschimmernden Unaufrichtigkeit, besser als nichts.