"Gleichsam struktureller Vorteil"

Auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof genehmigt die Haushaltspauschale

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Zwei Tage nach dem rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof haben auch die bayerischen Verfassungsrichter verkündet, dass sie die Rundfunk-Haushaltspassage für mit dem Grundgesetz und der Landesverfassung vereinbar halten. In München hatten die Drogeriemarktkette Rossmann und der Ingolstädter Rechtsanwalt Ermano Geuer geklagt.

Rossmann hatte sich unter anderem auf den Gleichheitsgrundsatz berufen und dargelegt, dass sich der Rundfunkbeitrag für das Unternehmen mit zahlreichen Filialen durch die Umstellung etwa verfünffachte. Dazu meinten die Richter, der Gesetzgeber habe mit der Erhebung des Beitrags nach den Merkmalen Wohnungen, Betriebsstätten, Beschäftigte und Kraftfahrzeuge seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, weil die Kriterien "hinreichend realitätsgerecht und ausreichend differenziert" seien, "um den beitragsauslösenden Vorteil abzubilden und die Beitragslasten im Verhältnis der Abgabenpflichtigen untereinander angemessen zu verteilen".

Zum "gleichsam strukturellen Vorteil", den Privatpersonen und Unternehmen angeblich von öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, heißt es im Urteil, dieser entstehe, weil "der öffentlich-rechtliche Rundfunk in besonderem Maß die Grundlagen der Informationsgesellschaft förder[e] und einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen leiste[…]". Unternehmen könnten darüber hinaus "die Rundfunkprogramme in einer besonderen, die Unternehmenszwecke fördernden Weise" nutzen, zum Beispiel zur Informationsgewinnung oder zur "(Pausen-)Unterhaltung der Beschäftigten oder Kunden" [sic]. Ob Unternehmen das tatsächlich machen, hält der Bayerische Verfassungsgerichtshof für "unerheblich".

Bayerischer Verfassungsgerichtshof. Foto: Florian Adler. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Trotz der deutlichen Mehreinnahmen durch die anfangs als "aufkommensneutral" beworbene Umstellung glauben die Münchner Richter nicht, dass der Gesetzgeber "bei der Abgabenbemessung den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten" hat. In diesem Zusammenhang verweisen sie darauf, dass die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten in Deutschland (KEF) "für den Planungszeitraum 2013 bis 2016 einen ungedeckten Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von 304,1 Mio. € festgestellt" hat. Sollte dann noch etwas übrigbleiben, müssten "Überschüsse am Ende der Beitragsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden". Außerdem gebe es "zur Vermeidung von unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände".

Geuer hatte sehr ausführlich argumentiert, warum er die Haushaltspauschale für eine Steuer hält, zu deren Erhebung den Ländern die Zuständigkeit fehlt. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof wollten sich den Argumenten des an der Universität Passau ausgebildeten Rechtsanwalts jedoch nicht anschließen und folgte der Meinung der Bayerischen Staatsregierung, die sich auf den Standpunkt stellte, der Beitrag könne schon deshalb keine Steuer sein, weil es ja als "Gegenleistung […] das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" gebe. Das der Beitrag auch für Raumeinheiten erhoben wird, in denen es nachweislich keine Empfangsgeräte gibt, halten die Richter für vereinbar mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Rossmann überlegt nun, über die Verwaltungsgerichte den Weg zum Bundesverfassungsgericht zu beschreiten.

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