Gletscherschwund auf Grönland: Das große Tauen
Jahr für Jahr schrumpfen die Gletscher von Grönland und in der Tendenz geschieht dies immer schneller. Was das für den Meeresspiegel bedeutet.
Grönlands Eis wird weniger. Das vergangene Jahr war das 26te in Folge, in dem die Eismassen auf der arktischen Riesen-Insel geschrumpft sind. Das geht aus dem jüngsten Jahresbericht über den Zustand des arktischen Eises hervor, den das Dänische Meteorologische Institut in Kopenhagen veröffentlicht hat.
Knapp 84 Milliarden Tonnen Eis gingen 2022 verloren, wodurch der mittlere globale Meeresspiegel um etwa 0,2 Millimeter stieg. Das hört sich nicht viel an und ist auch alles andere als ein neuer Jahresrekord. Grund zur Sorge macht jedoch der fortgesetzte Masseverlust. Insgesamt ist in Grönlands großem Eisschild genug Wasser gefroren, das die Weltmeere um sieben Meter ansteigen lassen könnte.
Die Massenbilanz des Eises setzt sich aus drei Faktoren zusammen. Da ist zu einem auf der Haben-Seite der Niederschlag – sofern es sich um Schnee handelt – der regelmäßig für Nachschub sorgt. Auf der Soll-Seite stehen zum anderen das sommerliche Tauen sowie das Abschmelzen an den Unterseiten der sich ins Meer schiebenden Gletscherzungen und das Abbrechen an deren Rändern, das sogenannte Kalben.
Schnee-Zuwachs und Abtauen lässt sich aus einer Kombination von Wetterbeobachtungen und Modellierungen des Eisschildes berechnen. Der Verlust an den Gletscherzungen wird mittels Satellitenbeobachtungen abgeschätzt, die die Fließbewegungen der Gletscher an den Durchgängen zwischen diversen Bergen erfassen.
Das geschieht seit den 1980er-Jahren, und die erhobenen Daten ergeben, dass zwischen dem 1. September 1986 und dem 31. August 2022 rund 5.500 Milliarden Tonnen Eis verloren gehen, was einem Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels von 1,5 Zentimeter entspricht.
Allerdings ist der größte Teil des Eisverlusts erst in den letzten rund 20 Jahren zu verzeichnen gewesen, was auch andere Satellitenmessungen bestätigen. Die Massenbilanz der Gletscher lässt sich nämlich noch mit einer weiteren Methode bestimmen, und zwar mit ultrapräsizen Vermessungen des Schwerefeldes des Planeten. Ausgeführt werden sie von den Satelliten des GRACE-Programms.
Deren Daten ergaben, dass das Eis auf Grönland zwischen April 2002 und August 2021 etwa 4.470 Milliarden Tonnen verlor, was einem Meeresspiegelanstieg von 1,2 Zentimetern entsprechen würde. Berechnungen mit den oben genannten Methoden ergaben für die zwischen dem 1. September 2002 und dem 31. August 2021 einen Massenverlust von knapp 4.325 Milliarden Tonnen, das heißt, die beiden voneinander unabhängigen Methoden kommen zu einem ähnlichen Ergebnis.
Meeresspiegelanstieg beschleunigt sich
Insgesamt sind es verschiedene Faktoren, die den globalen Meeresspiegel seit Beginn des 20. Jahrhunderts steigen lassen, und zwar schneller als je zuvor in den vergangenen 3.000 Jahren. Zwischen 1971 und 2018 haben schrumpfende Gletscher in den Hochgebirgen knapp 22 Prozent beigetragen, heißt es im jüngsten, 2021 veröffentlichten Sachstandbericht des IPCC, des sogenannten Weltklimarates zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels.
In dem genannten Zeitraum haben außerdem verstärkter Abfluss von den Kontinenten, die Trockenlegung von Sümpfen und die Anlage von Stauseen in der Summe acht Prozent beigetragen, die Ausdehnung des Wassers in den Weltmeeren hingegen 50 Prozent.
Durch den Klimawandel erwärmen sich die Ozeane, wodurch sich deren Wasser ausdehnt und die Pegelstände entsprechend steigen – ein Prozess, der noch viele Jahrhunderte anhalten wird, bis sich zwischen Meeren und Atmosphäre ein neues Gleichgewicht eingependelt hat.
Die Eisschilde in der Antarktis und auf Grönland haben hingegen in den vergangenen 50 Jahren vergleichsweise wenig zum Anstieg der Meere beigetragen. Allerdings ändert sich das derzeit, da sich sowohl im hohen Norden, wie für Grönland oben beschrieben, als auch im tiefen Süden der Masseverlust beschleunigt.
Im Zeitraum 2010 bis 2019 war der durchschnittliche jährliche Eisverlust der großen Schilde viermal so groß wie zwischen 1992 und 1999. Zwischen 2006 und 2018, so der IPCC-Bericht, waren schrumpfende Eisschilde und Gletscher zusammen bereits die dominante Ursache der steigenden Wasserstände in den Ozeanen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.