Glücksvorstellungen auf dem Prüfstand

Die Ausstellung "Happy - das Versprechen der Werbung" sucht nach Zusammenhängen zwischen Werbung und persönlichen Glücksvorstellungen

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In einer Sonderausstellung geht das Museum für Kommunikation (Bern der Frage nach, wie stark sich die menschlichen Glücksvorstellungen mit den Versprechungen der Werbung decken und sich gegenseitig beeinflussen. Als Grundlage von Happy - das Versprechen der Werbung dient eine wissenschaftliche Studie, die den "Jetzt-Zustand helvetischen Glückbefindens" vorstellt. Auf superhappy.ch wird die Studie interaktiv weitergeführt.

Kennen Sie das Modehaus MfK? Falls nicht, ist das auch nicht weiter von Belang, denn spätestens wenn sie seinen aktuellen Plakataushang sehen, werden sie sich davor hüten, auch nur ein Fetzchen Stoff bei MfK zu kaufen. Für Verwirrung sorgt in Schweizer Städten derzeit ein Plakat, das für die Ausstellung "Happy" im MfK (Museum für Kommunikation) wirbt und der Ästhetik der Werbemittel des skandinavischen Kleiderherstellers H & M auf den ersten Blick durchaus ähnelt. Aber eben nur auf den ersten Blick. Nicht eine schlanke und ranke Schönheit mit sexy Unterwäsche wirbt für Happy, sondern einen ungeschminkte Frau mittleren Alters, bekleidet mit Versandhaus-Slip und BH.

Das Koordinatensystem von dem wir uns tagtäglich durch den Werbedschungel leiten lassen, gerät beim Anblick des H & M-Fakes durcheinander, der eingespielte Wahrnehmungsreflex versagt. In der Ausstellung selbst wird dieses Verwirrspiel weiter geführt. Aktuelle Werbesujets wurden der Slogans und Logos entledigt und lassen die Bildsprache für sich sprechen. Damit soll deutlich gemacht werden, welche allgemeinen Vorstellungen von Glück unsere Gesellschaft prägen. Wünsche und Sehnsüchte von Schweizerinnen und Schweizern, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie erhoben wurden und als Zitate über den kastrierten Plakaten prangen, korrespondieren in frappanter Weise mit den Werbebotschaften. Der Beweis für den Einfluss der Werbung auf persönliche Glücksvorstellungen? Für Ausstellungskurator Christoph Doswald ist dies nur bedingt der Fall, und betont das Wechselspiel zwischen Konsumenten und Werbung. "Die Konsumenten wissen, dass ihnen etwas vorgegaukelt wird, und sind trotzdem bereit, sich darauf einzulassen. Dass sie dies tun hängt damit zusammen, dass es keine anderen Wertvorstellungen mehr gibt." Geradezu verstaubt im Vergleich zu den normierten Bildern und Botschaften der westlichen Konsumwelt erscheinen Plakate aus Kuba, die als Kontrast in die Ausstellung eingebaut sind. Im Vordergrund stehen hierbei nicht käufliche Produkte, sondern staatlich vermittelte Wertvorstellungen. Im Ausstellungskonzept werden die Propagandaplakate als "einziger Gegenspieler der Werbung bei der Vermittlung von Wertbildern" dargestellt.

Geteiltes Glück

Als interaktive Weiterführung der leitenden Fragestellung dient die Website superhappy.ch http://www.superhappy.ch/main.html . Unter dem Motto "Wer sein Glück teilt, gewinnt!" können eigene Glücksvorstellungen nach Rubriken gegliedert "angeliefert" und den Internauten zum Konsum angeboten werden.

Sonntags ausschlafen ist wahres Glück. Nichts zu tun haben und einfach umdrehen und liegen bleiben, dösen, schlafen. Vielleicht dann später die Zeitung holen und wieder ins Bett mit Kaffee und Zeitung; und dann noch mal umdrehen direkt in den Mittagsschlaf, ohne schlechtes Gewissen, herrlich!

Wenn's denn nur so wenig zum persönlichen Glück braucht, scheint die westliche Zivilisation gegen die Verlockungen der Werbung eine gesunde Resistenz entwickelt zu haben.

Sonderausstellung "Happy - Das Versprechen der Werbung" Museum für Kommunikation, Bern Helvetiastrasse 16, Bern Schweiz Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr noch bis 28.7.2002

Begleitpublikation "Happy - das Versprechen der Werbung", Christoph Doswald (Hrsg). Eine Co-Produktion des Museums für Kommunikation, Bern und dem ABA Bertschi Verlag, Zürich, ca. 280 Seiten mit zahlreichen schwarz-weissen und farbigen Abbildungen, Fr. 49.- (erscheint im Januar 2002)