Golfstaaten ermuntern Al-Nusra zum Rebranding
Die Dschihadisten-Miliz soll sich offiziell von al-Qaida lossagen. Das Versprechen: eine Menge Geld, unter anderem aus Katar.
Der große Titel "Kampf gegen den IS" machts möglich: Die al-Nusra-Front müsste sich nur von al-Qaida lossagen und dies mit einer Namensänderung ("Rebranding") bekunden, dann wären Investoren aus Katar dafür offen, die neue Marke - deren ideologischer Inhalt weitgehend unverändert bliebe - großzügig zu unterstützen, berichtet Reuters. Mit dem neuen Namen stünden die Dschihadisten-Gruppe nicht mehr auf der Terror-Liste.
Es gab immer schon Beobachter, die sich keine Illusionen darüber machten, dass der Suche der Anti-IS-Allianz nach "moderaten Partnern" unter den Rebellen, die in Syrien die Bodentruppen für den Kampf gegen die Kalifatsmilizen stellen sollten, wenig Erfolg beschieden ist. Das undurchschaubare Beziehungsgeflecht der syrischen Rebellengruppen untereinander machte die verlässliche Herauslösung moderater oder gar säkularer Kandidaten schier unmöglich. Dazu kam, dass die stärkste Kampfkraft immer bei den anderen, den salafistischen oder dschihadistischen Gruppen zu finden war.
Dass al-Nusra derzeit Erfolge gegen Harakat Hazzm und damit genau gegen jene Rebellen-Konkurrenz verzeichnet, die von den USA als unterstützenswert eingeschätzt wurden, demonstriert dies erneut.
Die Aussage, die der amerikanische Generalstabschefs Dempsey dieser Tage vor einem Senatsauschuss machte, wonach Militärkommandeure "erwägen könnten", kleine US-Kampfeinheiten als Bodentruppen einzusetzen, um lokalen irakischen oder syrischen Streitkräften zu helfen, ist wohl auch der Not geschuldet, die aus der bislang vergeblichen Suche nach verlässlichen und kampfstarken Partnern unter den Militanten vor Ort rührt.
"Katar finanziert keine Terroristen"
Militärisch sind die Verlockungen, die von einem Bündnis mit der al-Nusra-Front ausgehen, nachzuvollziehen, immerhin handelt es sich bei der Gruppe um einen Feind des IS, wenn auch die ideologische, historische und personelle Nähe der beiden al-Qaida-Ableger zu größten Bedenken Anlass geben müsste. Sollte die Unterstützung der Gruppe aus katarischen Kreisen kommen, wären die USA zumindest nicht direkt verwickelt. Auch gegenüber einer Kritik, die auf die Partnerschaft zwischen Washington und Doha abhebt, ist einen Schutzschirm aufgebaut. Auf eine Frage des Handelsblatt1 zu Vorwürfen der Finanzierung terroristischer Gruppen - die al-Nusra-Front wird von den USA als solche gelistet - äußerte Katars Außenminister Khalid bin Mohamed al-Attiyah:
Das stimmt einfach nicht. Katar finanziert keine Terroristen. Wer das behauptet, der lügt. Katar nimmt an so vielen Anti-Terrorkonferenzen teil, hat mit die strengsten Gesetze gegen Terroristen, Geldwäsche und Terror-Finanzierung. Was da über Katar in die Welt gesetzt wird, ist einfach nicht wahr.
Al-Attiyah spricht von einer "Kampagne", gerichtet gegen Katar und Saudi-Arabien, von Medien, deren Quellen von Regimes gespeist werden, "die vorgeben, die Welt vor Terroristen zu bewahren", dabei aber seien "sie es, die die Welt terrorisieren". Gemeint sein dürften Syrien und Ägypten.
Aus al-Nusra eine "rein syrische Organisation" machen
Der Bericht der Nachrichtenagentur Reuters beruft sich auf namentlich ungenannte Quellen innerhalb al-Nusra sowie auf der Gruppe Nahestehende, dazu auf Aussagen eines angeblich in der Szene berühmten Dschihadisten namens Muzamjer al-Sham - und auf eine Quelle, die mit dem Außenministerium in Katar eng verbunden sei. Auch ein Bericht des Magazins Middle East Eye beruft sich auf Quellen innerhalb des katarischen Außenministeriums. Die hätten am gestrigen Mittwoch bestätigt, dass man aus der al-Nusra Front eine "rein syrische Organisation" machen wolle, die keine Verbindung mehr zur Qaida habe.
Aus dem Reuters-Bericht geht hervor, dass Vertreter der Golfstaaten und Katars - gut etablierte Kontakte Katars zur al-Nusra ausnutzend - Führer der Dschihadistenfront dazu ermuntert hätten, eine neue Einheit mit neuem Namen zu formieren, wofür reichliche Unterstützung bereitgestellt würde. Stimmen die Informationen der Nachrichtenagentur, so geht es in diesem Fall nicht um die "berüchtigten reichen katarischen Geschäftsmänner, die auf eigene Rechnung und von ihr unabhängig bestimmten Gruppen über getarnte Wohlfahrts-Kanäle größere Summen zukommen lassen", sondern um Unterhändler, die mit der Regierung in Verbindung stehen.
Geheimdienstvertreter aus den Golfstaaten, darunter Katar, sollen sich in den letzten Monaten mehrmals mit dem Nusra-Führer al-Golani getroffen haben. Dabei soll über das Projekt gesprochen worden sein. Es liege jetzt am Schura-Rat der Nusra darüber zu entscheiden. Einige Emiren würde der Plan aber nicht gefallen.
Offizielle Vertreter Katars waren nicht zu einem Kommentar bereit, so Reuters.