Google, das kalifornische DMV und Behinderte streiten um Vorschriften für fahrerlose Autos

Die Kraftfahrzeugbehörde des US-Bundesstaats hat einen Entwurf vorgelegt, der nach Meinung des Konzerns wichtige Vorteile der Technologie zunichte macht

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Die Departments of Motor Vehicles (kurz: DMVs) sind die Kraftfahrzeugbehörden der US-Bundesstaaten. In Fernsehserien kommen sie oft dann vor, wenn etwas als besonders bürokratisch und unnötig zeitraubend dargestellt werden soll - zum Beispiel bei den Simpsons, wo Patty und Selma Bouvier beim DMV arbeiten, oder in der South-Park-Episode Let Go, Let Gov. Diesen Ruf verdanken die Behörden aber nicht nur solchen Serien, sondern auch dem eigenen Zutun, wie ein aktueller Vorschriftenentwurf des DMV Kalifornien zeigt.

Darin fordert die Behörde für die Roboterautos, die Firmen wie Google, Audi und Bosch im nächsten Jahrzehnt auf den Markt bringen wollen, dass diese nur dann auf die Straße dürfen, wenn sie Pedale und ein Steuerrad haben, hinter dem ein Fahrer mit Führerschein sitzt, der den Verkehr ständig aufmerksam beobachtet und für Unfälle und Verkehrsregelverstöße haftet.

Damit würde ein sehr wichtiger Vorteil der Fahrzeuge für die Nutzer unnötig wegfallen, findet der Google-Konzern, der seinen Hauptsitz in Mountain View im kalifornischen Contra Costa County hat und seine Roboterfahrzeuge unter anderem dort testet. Google ist aber auch deshalb besonders betroffen, weil der Roboterauto-Prototyp des Unternehmens (anders als Testfahrzeuge anderer Firmen) weder mit einem Lenkrad noch mit Pedalen ausgestattet ist.

Google-Roboterauto-Prototyp

Google-Vertreter wie der Roboterautoentwicklungschef Chris Urmson zeigten sich in Stellungnahmen nicht nur "schwer enttäuscht", sondern auch "perplex" und warnten, mit den Vorschriften verringere man das Potenzial der Technologie und setze dem Fortschritt und der Freiheit unnötige Grenzen. Damit schließe man Behinderte und andere Personen aus, die nicht Autofahren können - was Teresa Favuzzi von der California Foundation for Independent Living Centres bestätigte, die die DMV-Vorschläge auf Twitter als diskriminierend brandmarkte.

Außerdem erinnerte Urmson an die "Fesseln der streßerzeugenden Pendelei", die "verschwendeten Stunden" und die "eingeschränkte Mobilität" des Status Quo, den das DMV betonieren wolle. Dabei verwies er auf das ausgesprochen positive Feedback von Bürgern aus den Testgebieten im kalifornischen Mountain View - aber auch aus dem texanischen Austin. Eine subtile Erinnerung daran, dass Google seine Roboterautoentwicklung auch dorthin verlagern könnte, wenn es Kalifornien dem Unternehmen zu schwer macht.

Die vom DMV zur Begründung für die Regelforderungen angeführte Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmer hat Urmson zufolge ohnehin schon "höchste Priorität" - und mit den Roboterautos könne man die 94 Prozent aller Unfälle verhindern, die menschlichen Versagen zur Ursache haben. In sechs Jahren Roboterauto-Testbetrieb habe es lediglich 17 kleinere Unfälle gegeben - und an keinem davon sei das Google-Auto schuld gewesen.

Für die provisorische Zulassung der Roboterautos eines Herstellers fordert der DMV-Entwurf nicht nur Steuerrad und Pedale, sondern auch Untersuchungen durch unabhängige Fachleute. Diese Untersuchungen sollen drei Jahre lang gültig sein. Fahrzeuge mit solch einer provisorischen Zulassung dürfen die Hersteller nur verleasen, aber nicht verkaufen - warum, bleibt unklar. Für alle nicht sicherheitsrelevanten Daten, muss das schriftliche Einverständnis des Nutzers nachgewiesen werden. Und über Hackerangriffe müssen sowohl der Fahrer als auch das DMV umgehend informiert werden.

Für den 28. Januar und den 2. Februar hat das DMV Anhörungstermine zum Entwurf angesetzt. Bis dahin wollen nicht nur Google und Behindertenverbände die Behörde von der Notwendigkeit einer Entschärfung überzeugen. Auch bei Tesla fürchtet man, dass der Wortlaut der Vorschriften - beabsichtigt oder nicht - sogar das automatische Einparken von existierenden Fahrzeugen illegal machen könnte. Auch der kalifornische Vizegouverneur Gavin Newsom kritisierte, der Entwurf könne sich als "zu beschwerlich" erweisen, "Straßensperren für Innovation" errichten und eine vielversprechende Industrie in andere US-Bundesstaaten treiben.

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