Greta Thunberg kritisieren?
Seite 2: Konformistische Revolte der Mittelstandsjugend
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Eine solche Kooperation ist nur möglich, weil es sich bei den Trägern der Jugendumweltbewegung überwiegend um Aktivisten des Mittelstandes handelt, die eben nicht an Haupt- und Berufsschulen, sondern an Gymnasien den Unterricht boykottieren. Es wäre ja nicht die erste Bewegung, die vom akademischen Mittelstand wesentlich getragen wird. Aber da sollte man sich schon die Frage stellen, ob deren Interessen mit denen der Hauptschüler und Arbeiterjugendlichen kompatibel ist.
Diese Frage wird noch dringlicher, weil sich im Schatten der Jugendumweltbewegung eine Art Jugend-Revolte herausbildet, die sich vor allem durch zwei Dinge auszeichnet. Sie kommt aus dem bürgerlichen Mittelstand und sie sieht die Vorgängergeneration als Last, die möglichst schnell entsorgt werden muss. In einer Taz-Reportage wird beschrieben, mit welcher Symbolik da gearbeitet wird.
Die Turmuhr am Rathaus zeigt 13.35 Uhr, aus den Seitengassen fahren vier Polizeiautos auf den Platz. Doch für die wenigen Jugendlichen sind vier Autos zu viel, zwei fahren wieder ab. Für ihre Performance haben die Jugendlichen zwei Sänften mitgebracht. Stühle, die auf Latten geschraubt wurden und nun von Jugendlichen auf den Schultern durch die Stadt getragen werden. "Wir wollen zeigen, dass die Fehler der Erwachsenen auf unseren Schultern lasten", sagt Tracy.
In Berlin hatten sie diese Aktion schon einmal gemacht, im vergangenen September. 100 Jugendliche trugen damals Erwachsene auf diesen Sänften durch die Stadt bis zum Brandenburger Tor. "Aufstand der Jugend" haben sie diese Kampagne genannt. Heute fehlen die Erwachsenen auf den Stühlen, Simon, Tracy und die anderen konnten keine Freiwilligen finden. Dafür kleben nun Plakate auf den Stühlen, auf dem einen steht "CO2" auf dem anderen "Plastik".
Taz Reportage
Nun ist sicher nicht allen der Akteure bewusst, dass in archaischen Gesellschaften alte Menschen zum Sterben auf Tragen an bestimmte Orte außerhalb der Dörfer getragen wurde, wo sie dann der Tod erwartete. Man will nicht unterstellen, dass diese Jugendaktivisten den Alten den Tod wünschen, aber in einer Gesellschaft, wo sie das Sagen haben, wollte man nicht gerne alt werden.
Und dass sie schnell an die entscheidenden Stellen der Macht gelangen wollen, macht die Demokratische Jugendinitiative auf ihrer Homepage deutlich. "Wir sind die jungen Leute, die für ihre Zukunft aufstehen", klingt durchaus als Drohung vor allem für nichtproduktive Ältere.
Die Klagen über eine Jugend, die angeblich ständig benachteiligt wird, hören sich paradox an in einer Gesellschaft, in der der Jugendwahn grassiert und viele Menschen, die noch vor der Einführung des Internets sozialisiert wurden, nicht mehr mitkommen. Tatsächlich ist diese Jugendbewegung ein Ausdruck des Konkurrenzdenkens. Nicht der Kapitalismus, sondern ältere Menschen sind der Gegner.
Auch nichtakademische Jugendliche kommen im Denken der Aktivisten nur am Rande vor. In der Taz-Reportage stellt man schon fest, dass da der Mittelstand unter sich ist. Auf die Anmaßung, für die Jugend zu sprechen, verzichten die Aktivisten aber nicht.
Die Jugendumweltbewegung ist hier der Vorreiter, der nicht etwa den Kapitalismus, sondern die ältere Generation für den Klimawandel verantwortlich macht. Der ökonomische Hintergrund dieser Jugendrevolte besteht darin, dass die heutigen technischen Errungenschaften es mit sich bringen, dass 14jährige ein größeres Wissen über die neuesten IT-Errungenschaften haben als ihre Eltern.
Die Großeltern sind hoffnungslos veraltet, weil sie noch in einer Gesellschaft vor dem Internet aufgewachsen sind und lieber haptische Zeitungen lesen als die Online-Versionen oder gar Stadtpläne aus Papier den Apps vorziehen.
Der konformistische Aufstand der Mittelstandsjugend bestätigt wieder einmal das Verdikt von Marx, dass die Ökonomie der zentrale Motor solcher Entwicklungen ist. Diejenigen, die Greta Thunberg und ihre Mitstreiter wegen ihrer Jugend als naiv angreifen, dürften es noch mal bereuen.
Es sind die Träger der aktuellen technischen Entwicklung. Eine praktische Kritik wäre eine generationenübergreifende Kooperation von Menschen, die nicht nur wegen des Klimas die Notwendigkeit sehen, aus dem Kapitalismus auszusteigen.