Griechenland: 62.328 Flüchtlinge und Immigranten frieren in den Hotspots
Der griechische Immigrationsminister Giannis Mouzalas beklagt, dass es konzertierte Versuche gebe, die Regierung über die Flüchtlingsfrage zu stürzen
Mouzalas sieht sich zudem als Opfer einer persönlichen Hetzkampagne. Tatsächlich aber häufen sich die Pannen und Skandale rund um die von Mouzalas zu verantwortende Flüchtlingspolitik.
Goldene Morgenröte stürmt Grundschule
Einen der Skandale hat Mouzalas tatsächlich nicht zu verantworten. Dass knapp vierzig Anhänger der Goldenen Morgenröte mit dem Parlamentsabgeordneten Giannis Lagos als Anführer eine Schule in Perama in der Gegend Neo Ikonio stürmten, dort das Lehrpersonal bedrohten und drangsalierten, hängt nur mittelbar mit dem Minister zusammen.
Mouzalas hat zusammen mit dem Bildungsministerium dafür gesorgt, dass die in Hotspots lebenden Flüchtlings- und Immigrantenkinder Schulen besuchen können, selbst wenn ihr Asyl- oder Aufenthaltsantrag noch nicht abgeschlossen ist.
Lagos, der unter der Anklage der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation und wegen Anstiftung und Begehung von Straftaten vor Gericht steht, ist auf freiem Fuß, weil die Höchstdauer für die U-Haft von 18 Monaten abgelaufen ist.
Eigentlich wäre der bei der Schulstürmung begangene Hausfriedensbruch der Stürmung einer Grundschule in Tateinheit mit der Bedrohung von Lehrern Grund für eine Festnahme. Die dorthin gerufene Polizei schaute jedoch tatenlos zu. Als Konsequenz wurde noch am Dienstagabend ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Hotspot-Mitarbeiter als billige Arbeitskräfte für Stadtgemeinden
Weniger konsequent war das Immigrationsministerium mit der Kontrolle der eigenen Verantwortlichkeit. So wurden im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung rund 2.500 Zeitangestellte in den öffentlichen Dienst berufen. Weniger als zwanzig Prozent davon arbeiten wirklich mit Flüchtlingen.
Die Arbeitsverträge beinhalten die Tätigkeit in Hotspots. Zumindest teilweise werden die Arbeitsplätze mit Fördergeldern für Flüchtlinge aus dem EU Regionalförderungsfonds 2014-2020 finanziert. Weil nun aber in den Hotspots keine Arbeitsplätze eingerichtet wurden, zogen die Stadtverwaltungen der Orte, in denen die betreffenden Hotspots liegen, "überzählige" Arbeitskräfte zum Dienst in den Stadtgemeinden ab.
Pikant ist, dass dieser Missstand durch eine parlamentarische Anfrage von Regierungsabgeordneten aufgedeckt wurde. Die parlamentarische Anfrage wurde vom Regierungskoordinator für Flüchtlingsfragen, Vizeverteidigungsminister Dimitris Vitsas beantwortet.
500 Familien bleiben in der Kälte
Obwohl das Immigrationsministerium von der griechischen Raffinerie Hellenic Petrol insgesamt 140.000 Liter Heizöl als Spende erhielt, kann es weiterhin noch nicht allen Flüchtlingen und Migranten eine warme Unterkunft bieten. Wie das UNHCR beklagt, befinden sich allein auf der Insel Samos 500 Familien in Zelten, die weder wintertauglich noch beheizt sind.
Die Regierung führt zu ihrer Entschuldigung an, dass einerseits die Hoteliers der Inseln das Anmieten von Zimmern für Flüchtlinge verweigern, andererseits der diesjährige Winter einer der kältesten Winter der letzten Dekaden ist. Für die Opposition, auch für die nicht für ihre Fremdenfreundlichkeit bekannte Nea Dimokratia, sind das alles Ausreden.
Der Schattenminister für Immigration der Nea Dimokratia, Giannis Varvitsiotis, klagt an, dass privat betriebene Hotspots im Auftrag des Staats effektiver arbeiten würden als die staatlich kontrollierten Unterkünfte. Mouzalas selbst sagt, er wäre erschüttert darüber, dass knapp 2.000 Menschen ohne Schutz im Schnee ausharren mussten.
Die nächste Kältewelle hat Griechenland zwischenzeitlich erreicht - es bleibt abzuwarten, wie viele Menschen dieses Mal in der Kälte ausharren müssen. Der Minister räumte weiterhin ein, dass er keine Kontrolle über das Wirken der Nichtregierungsorganisationen habe.
"Wir haben es geschafft, 57.000 Flüchtlingen auf dem Festland Obdach zu bieten", sagte Mouzalas, "wir haben eine schwer wiegende Verantwortung für die Übrigen. Aber wir geben nicht auf, stattdessen intensivieren wir unsere Bemühungen".
Wie viele tatsächlich frieren mussten, zeigt sich an der offiziellen Zahl des Ministeriums: Demnach befanden sich am 17. Januar 62.328 Flüchtlinge und Immigranten in den Hotspots. Am Montag gab es 146 Neuankömmlinge, am Dienstag 52.
Der EU-Flüchtlingspakt
Die Regierung hat bei den Asylanträgen 2016 insgesamt 51.091 Einzelanträge registriert die Aufnahme von rund 15.000 weiteren Anträgen, die bereits gestellt aber noch nicht erfasst wurden, soll im laufenden Jahr erfolgen. Bis zum 27. Dezember wurden 21.431 Anträge auf Umverteilung, sprich Entsendung von Flüchtlingen in die übrigen EU-Länder registriert.
13.634 Plätze stellten die Partnerstaaten zur Verfügung und 13.345 der Anträge wurden seitens der griechischen Regierung weitergeleitet. Davon wurden 10.712 Anträge von den Partnern angenommen und ungefähr 7.000 anerkannte Flüchtlinge wurden tatsächlich in andere EU-Staaten gebracht.
Auf der anderen Seite haben einige Staaten gemäß den Dublin-Konventionen insgesamt 4.415 Anträge auf Rückentsendung von Flüchtlingen und Migranten nach Griechenland gestellt. Der größte Teil der Anträge stammt aus Ungarn. Bislang registrierte das Immigrationsministerium nur drei abgeschlossene Rückführungen.