Griechenland: Bürger und Staat am Ende der Sparmöglichkeiten

Seite 2: Die neuen Maßnahmen sind bekannte Sparpakete

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Um dagegen das angestrebte Primärplus zu erreichen, muss Griechenland nach dem IWF jene Maßnahmen ergreifen, welche nach eigenem Eingeständnis zur Rezession und zum Scheitern der bisherigen Programme beigetragen haben. Es handelt sich um ein Sparpaket über 4,5 Milliarden Euro, welches Tsipras Regierung bereits jetzt für die 2019 und 2020 beschließen soll. Kurz zusammengefasst entsprechen die Maßnahmen der Kürzung einer kompletten Monatsrente für Rentner und einem Monatsgehalt oder dem entsprechenden Betrag für Jüngere.

Die Maßnahmen werden von allen griechischen Parteien als ungerecht bezeichnet und abgelehnt. Als Konsequenz verlangt Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis Neuwahlen, weil er die Meinung vertritt, dass die Maßnahmen als persönliche Strafe der Kreditgeber gegen Tsipras konzipiert seien. Tsipras selbst betont, dass er "keinen neuen Euro Maßnahmen beschließen" werde, während Finanzminister Euklid Tsakalotos versucht, die Kreditgeber hinsichtlich ihrer Ansprüche herunterzuhandeln.

Bei den Bürgern selbst scheint nicht mehr viel zu holen zu sein. Der Expertenausschuss des Parlaments mahnte an, dass die Schuldenlast der von Steuern, Abgabenerhöhungen, Leistungskürzungen, Lohn- und Rentenkürzungen gebeutelten Steuerzahler stetig ansteigt und nun mit weit mehr als 250 Milliarden Euro auf dem Niveau der Staatsschulden von 328,3 Milliarden Euro liegt.

Allein die von den Bürgern nicht mehr aufzubringenden Steuern beliefen sich im September 2016 auf 93 Milliarden Euro, welche 4.374.475 Millionen Bürger schulden. Das staatliche Elektrizitätsunternehmen DEI versucht mit immer wieder verlängerten Ratenprogrammen, mehr als drei Milliarden Euro ausstehender Stromrechnungen einzutreiben. Sozialversicherer haben Forderungen von 25 Milliarden Euro an 300.000 Versicherte und Arbeitgeber. Die Banken sitzen auf mehr als drei Millionen faulen Krediten in einer Höhe von mehr als 110 Milliarden Euro.

Der Staat selbst kann auch kaum noch Einsparungen in seinen Leistungen für die Bürger vornehmen. So sind von den 13.000 Fahrzeugen der Polizei nur noch knapp 7.000 einsatzfähig, bei den übrigen fehlt es an Geld für Ersatzteile. Wobei es zweifelhaft ist, ob sich Reparaturen noch lohnen. In Athen kurven Streifenwagen mit mehr als 600.000 km Laufleistung auf dem Tacho durch die Straßen.

Tsipras könnte neue Maßnahmen nur mit Hilfe der Opposition und damit mit einer großen parlamentarischen Mehrheit durchsetzen. Anders als im Sommer 2015 ist dieses Mal keine der Oppositionsparteien dazu bereit.

Sie setzen stattdessen auf Neuwahlen. Und bei diesen würde Tsipras erheblich verlieren. Gemäß der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts MARC käme SYRIZA bei Wahlen nur auf die Hälfte der Stimmen der Nea Dimokratia. Das Institut prognostiziert folgendes Ergebnis:

  • Nea Dimokratia: 31,2 Prozent
  • ΣΥΡΙΖΑ: 15,4%
  • Κommunisten: 6,9 Prozent
  • Goldene Morgenröte: 6,5 Prozent
  • Demokratische Fraktion (PASOK und andere): 6,2 Prozent
  • Zentristenunion: 3 Prozent
  • Unabhängige Griechen: 2,6 Prozent
  • Potami: 2,2 Prozent
  • Plevsi Eleftherias: 2,2 Prozent
  • Volksunion: 1,3 Prozent
  • Übrige: 4 Prozent

Die Sperrklausel für den Parlamentseinzug liegt bei drei Prozent. MARC gibt die Zahl der unentschlossenen Wähler mit 18,5 Prozent an.