Griechenland: Parlament verhindert PAOK-Zwangsabstieg

Foto: Wassilis Aswestopoulos

Die Politik entscheidet über Fußball-Meisterschaften

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König Fußball bestimmt weiterhin das Tagesgeschehen in der "Wiege der Demokratie". Das Parlament in Athen hat am Mittwoch über ein als Eilantrag eingebrachtes Gesetz zur Verhinderung des Abstiegs des Traditionsteams PAOK Thessaloniki und der Mannschaft von Xanthi entschieden.

Von 246 anwesenden Abgeordneten stimmten 156 dafür, dass der Zwangsabstieg als Strafe abgeschafft wird, 90 stimmten dagegen. Das Gesetz wurde auf Anweisung von Premier Mitsotakis von der Kulturministerin als Zusatzartikel in eine Gesetzesinitiative zur Geburtenförderung eingebaut. Begründet wurde der entsprechende Eilantrag mit dem Hinweis, dass eine Teilung und Aufwiegelung der Gesellschaft des Landes verhindert werden müsse.

Statt eines Zwangsabstiegs soll es für die Teams eine Strafe in Form von Punktabzug, von fünf bis zehn Punkten während der laufenden Saison, geben. Das Parlament beschäftigte sich nicht mit der Frage, ob die gegen PAOK und Xanthi erhobenen Vorwürfe, die mit einem Entscheid der Kommission für den professionellen Sport vom Montag (Fußball regiert die Republik Griechenland) bestätigt wurden, stichhaltig sind oder nicht.

Die Kommission, die rein rechtlich als von der Regierung unabhängige Behörde wirkt, hatte befunden, dass im Fall der Fußballmannschaften von PAOK Thessaloniki und Xanthi eine eindeutige Abhängigkeit von einer Person, dem russisch-griechischen Oligarchen Ivan Savvidis, vorliegt.

Premierminister Mitsotakis macht großen Druck

Für die Abstimmung im Parlament bestimmte Premierminister Kyriakos Mitsotakis, dass jeder Parlamentarier der Nea Dimokratia, der nicht für den Vorschlag stimmt, aus der Fraktion und der Partei ausgeschlossen wird. Mitsotakis wollte damit verhindern, dass Abgeordnete aus Nordgriechenland und aus Piräus sich aus Gründen der Verbindung zur Wählerschaft von der Regierungslinie differenzieren.

Der Streit um den Zwangsabstieg von PAOK ist de facto ein Kräftemessen des politischen Einflusses der Fangruppen von Olympiakos Piräus und PAOK. Die Opposition unter Alexis Tsipras nutzte die Brisanz des Themas, um mit einem Antrag zur namentlichen Abstimmung, die Regierung unter Druck zu setzen.

Nutznießer Olympiakos Piräus

Nutznießer beider Entscheide, des Zwangsabstiegs und der späteren Abschwächung der Strafe ist ein weiterer Traditionsverein Griechenlands, der mehrmalige Serienmeister Olympiakos Piräus. Das Team befindet sich in der Tabelle aktuell einen Punkt hinter dem Titelverteidiger PAOK auf dem zweiten Platz. Die anderen Mannschaften der Super League sind dagegen abgeschlagen auf den Plätzen.

Seitens PAOK wird die Rechtmäßigkeit der Kommission angezweifelt. Darüber hinaus gibt es Einwände, inwiefern wirtschaftliche Verbindungen von Familienangehörigen Savvidis zu Immobilienkäufen von Einrichtungen des Teams von Xanthi tatsächlich für einen Nachweis des Verstoßes gegen das Verbot der doppelten Eigentümerschaft von mehreren Teams in einer Meisterschaft tauglich sind.

In der gegenüber Olympiakos freundlich einstellten Presse gibt es regelmäßig weitere, angeblich stichhaltige Belege für die gegen PAOK erhobenen Vorwürfe. In der Presse, die Savvidis nahesteht, oder diesem, wie der Sender Open TV gehört, folgt ebenso regelmäßig die Gegenrede.

Obwohl Olympiakos Piräus auch mit dem Parlamentsentscheid im Grunde genommen das Ziel, die Fußballmeisterschaft 2020, erreicht hat, fordert der Verein über die mit ihm verbundenen Medien weiterhin den Zwangsabstieg von PAOK. In einschlägigen Artikeln wird der Regierung vorgeworfen, sie würde sich in die Unabhängigkeit des Sports einmischen und UEFA-Regeln unterwandern.

Medien und Unternehmerinteressen

So zitiert die Zeitung Ta Nea, die bislang der Regierung Mitsotakis wohlwollend gegenüberstand, mit Euklid Tsakalotos, den Syriza-Politiker als Kronzeugen, der noch vor Monaten als Finanzminister der Syriza-Regierung regelmäßig mit journalistischer Häme überzogen wurde. Ta Nea gehört zu den Medienunternehmen, welche dem Eigentümer von Olympiakos Piräus, Marinakis, gehören.

Die Causa PAOK beweist, wie sehr in Griechenland die Politik von Medien, Unternehmerinteressen und der Verflechtung von Politik und Sport bestimmt wird (Sport in Griechenland ist Politik). Geschichtskenner werden durchaus Parallelen zum byzantinischen Reich und dessen politischer Abhängigkeit von der Pferderennbann im einstigen Konstantinopel erkennen.