Griechenland: Türkische Flüchtlinge weiter unter Druck
Verwaltungsgericht erteilt im Sinne der griechischen Regierung einstweilige Verfügung gegen Asylbescheid
Die Berufungsinstanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Dioikitiko Efetio) hat in Athen am Montag dem Antrag auf einstweilige Verfügung der griechischen Regierung stattgegeben. Der von der zweiten, mit Richtern besetzten Asylinstanz erteilte Bescheid auf politisches Asyl für den türkischen Militärangehörigen Suleyman Ozkaynakci wurde damit zumindest teilweise bis zu einem endgültigen Entscheid des obersten Verwaltungsgerichts, des Staatsrats (Symvoulio tis Epikratias), ausgesetzt.
In der erlassenen Verfügung heißt es, dass Ozkaynakci, der mit sieben weiteren Militärs direkt nach dem gescheiterten Putsch gegen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan per Hubschrauber nach Griechenland geflohen war, auf keinen Fall gegen seinen Willen zur Ausreise gezwungen werden kann. Eine Auslieferung ist somit weiterhin nicht möglich. Dies wurde zudem durch einen früheren Entscheid des obersten Strafgerichts, des Areopags, bestimmt.
Der türkische Militär befindet sich seit Montagmittag in Haft, obwohl im Urteil der Berufungsinstanz kein derartiger Schritt vorgesehen ist. Die Festnahme erfolgte auf Weisung des Ministeriums für Bürgerschutz, vorgeblich, um Ozkaynakci zu schützen. Gemäß der einstweiligen Verfügung, die das erteilte Asyl nicht gänzlich außer Kraft setzt, ist keine Schutzhaft vorgesehen, womit der Regierungsentscheid gegen die gerichtliche Verfügung verstößt. Diese hatte Ozkaynakci, den Co-Piloten des Fluchthelikopters, in Freiheit entlassen.
In der Begründung des Entscheids wurde weitgehend dem Antrag der Regierung mitsamt der eingereichten Begründung zu diesem für die griechische Justizwelt einzigartigem Vorgang stattgegeben. Die Regierungsseite argumentierte bei der mündlichen Verhandlung am vergangenen Freitag, dass das Asyl vorläufig auszusetzen sei, weil ansonsten das bilaterale Verhältnis Griechenlands zur Türkei gestört würde. Als ob es irgendwo auf der Welt politisches Asyl gäbe, bei dem der Asyl gewährende Staat nicht mittelbar an der Demokratie, der persönlichen Sicherheit des Antragstellers und der Unabhängigkeit der Justiz im Fluchtland berechtigte Zweifel als Asylgrund bescheinigt.
Die juristische Begründung der Regierung wich von den vorherigen Erklärungen ab. Zunächst hatte die Regierung behauptet, sie wolle mit ihrem Einspruch gegen den am 30. Dezember von der 3. Kammer der zweiten Asylinstanz erteilten Antrags Einspruch einlegen, um mit der Ausschöpfung sämtlicher Rechtsmittel die Rechtsposition des Asylanten zu stärken. Dem gegenüber stand jedoch bereits frühzeitig die regierungsamtliche Äußerung "Putschisten sind in Griechenland nicht willkommen", mit der die Regierung sowohl der Begründung des Areopags als auch der Asylbehörde widersprach. Diese hatten nämlich keine "hinreichenden Beweise für eine Beteiligung am Putsch" gesehen.
Als Antragsteller für die Erteilung der einstweiligen Verfügung trat Immigrationsminister Giannis Mouzalas auf. Sein Ministerkollege, der für Justiz zuständige Stavros Kontonis hatte zwischenzeitlich die Türkei aufgerufen, gegen die Flüchtigen in Griechenland Strafanzeige zu stellen. Dann, so Kontonis, könnten die Militärs von griechischen Gerichten verurteilt werden.
Sowohl die Erteilung der einstweiligen Verfügung, als auch die Rechtstipps Kontonis' wurden in der Türkei mit Wohlwollen aufgenommen. Sämtliche Oppositionsparteien, aber auch frühere Mitglieder von SYRIZA brachten ihr Entsetzen, Wut und Enttäuschung über den Vorgang zum Ausdruck.