Griechenland fordert Deutschland zu Verhandlungen über Reparationen auf
Athens Botschafter übergibt Auswärtigem Amt in Berlin Verbalnote. Schritt folgt auf Parlamentsentscheid Mitte April
Rund eineinhalb Monate nach einem entsprechenden Parlamentsentscheid hat nun auch die griechische Regierung von Deutschland die Aufnahme von Verhandlungen über Reparationszahlungen gefordert. Der Bundesregierung sei eine entsprechende Verbalnote übermittelt worden, heißt es in einer Erklärung des Außenministeriums in Athen.
In dem online veröffentlichten Text ist von Ansprüchen für erlittenes Unrecht aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg die Rede. Im Zentrum der Debatte stehen allerdings vor allem Forderungen aus der Zeit der deutschen Besatzung zwischen den Jahren 1941 und 1944.
Das griechische Parlament hatte Mitte April eine Resolution verabschiedet, in der von Forderungen in Höhe von bis zu 290 Milliarden Euro die Rede ist. Die Abgeordneten in Athen beschlossen eine "diplomatische Offensive", um den Forderungen aus der Zeit der Weltkriege Nachdruck zu verleihen. Schon 2016 hatte eine Kommission des griechischen Parlaments die zwischenstaatlichen Forderungen auf 300 Milliarden Euro geschätzt. Zugleich wurden auch in Polen entsprechende Forderungen laut; hier bezifferte man die Höhe der Reparationen auf 800 Milliarden Euro.
Die Bundesregierung lehnt diese Ansprüche ab. Auf die jüngsten Forderungen aus Athen sagte ein Sprecher der Bundesregierung: "Die Frage nach deutschen Reparationen ist juristisch wie politisch abschließend geregelt." Die wortgleiche Formulierung hatte Regierungssprecher Steffen Seibert im September 2016 schon einmal verwendet. Die Bundesregierung lehnt alle drei Forderungskategorien ab: staatliche Reparationen, individuelle Forderungen nach deutschen Massakern an der Zivilbevölkerung und eine strittige Zwangsanleihe, die Hitlerdeutschland 1942 von Athen erpresste.
"Auf Weisung der stellvertretenden Außenministerin Sia Anagnostopoulou hat der Botschafter Griechenlands in Berlin dem deutschen Außenministerium heute eine Verbalnote übermittelt, in der die griechische Regierung die deutsche Seite aufforderte, Verhandlungen zur Klärung der noch offenen Frage der griechischen Forderungen aufzunehmen", heißt es auf der Seite des griechischen Außenministeriums. Dabei gehe es um Forderungen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. So werde der Beschluss des Parlaments vom 17. April umgesetzt.
"Die griechischen Forderungen betreffen Schäden und Entschädigungen für Verluste, die Griechenland und seinen Bürgern im Ersten und Zweiten Weltkrieg entstanden sind, Forderungen der Opfer sowie Nachkommen der Opfer der deutschen Besatzung, die Rückzahlung des Zwangsdarlehens und die Rückgabe der geplünderten und illegal entfernten archäologischen und anderen Kulturgüter", heißt es in der Erklärung weiter. Die Lösung dieser Forderungen sei eine "moralische und materielle Frage".
Allerdings hätte der griechische Staat die im Land mehrfach gerichtlich festgestellten Forderungen schon längst zumindest teilweise eintreiben können: Der Justizminister muss entsprechende Urteile schlichtweg unterschreiben, um Pfändungen deutscher Güter im griechischen Rechtsraum zu ermöglichen. Bislang hat sich jedoch keine griechische Regierung zu diesem Schritt durchgerungen.
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