Gründe für Kultur ohne Lockdown
Dieter Hallervorden zum "Friseurtheater" und seinem neuesten Sketch. Ein Gastkommentar
Dass ich als Mitspieler in meinem neuesten Sketch einen der prominentesten deutschen Friseure, Shan Rahimkhan, eingeladen habe, zeigt, dass es da keinerlei Neid gibt auf Friseure wegen deren Wiedereröffnung zum 1. März. Mir geht aber die Begründung von Markus Söder, die Frisur hätte mit Menschenwürde zu tun, während die Kultur stillgelegt bleibt, gewaltig auf den Zeiger.
Ich bin nun wahrlich kein Corona-Leugner. Ich bin geimpft, arbeite vor und hinter der Kamera nur mit Getesteten und habe meine beiden Berliner Theater – am Schlosspark und die Wühlmäuse – auf eigene Kosten mit vorbildlicher Hygiene ausgestattet. Ich lehne auch Härten in der Pandemiebekämpfung nicht generell ab. Aber die Dosis macht's!
Zumal die Gesundheitsämter seit 20 Jahren derart runtergewirtschaftet sind, dass sie weder die Infektionsketten nachverfolgen, noch einzelne Kultureinrichtungen bewerten können. Und dann hat die Regierung sogar noch den letzten Sommer verschlafen.
So blieb nur noch ein Lockdown ohne Augenmaß. Heute werden allenfalls noch Parteiveranstaltungen von Gesundheitsämtern genehmigt. Aber hat Kultur nicht endlich im Grundgesetz dasselbe Privileg verdient wie Parteien?
Von der Politik verschuldete Katastrophe
Jetzt gehen Existenzen kaputt, werden Tausende von Kulturveranstaltern und Künstlern auf die Bretter geschickt. Da kommen Finanzhilfen nicht bei den Betroffenen an. Und, ja, in der Quarantäne werden Menschen seelisch richtiggehend krank. An dieser Katastrophe ist nicht nur Corona schuld, sondern auch die Politik.
Ich stehe für eine passgenaue Pandemiebekämpfung. Kürzlich begründet die renommierte Gesundheitsforscherin Dr. Christiane Wetzel, dass dieser Lockdown deshalb so schlecht läuft, weil er zu unpräzise angelegt war. Statistisch wird dann zum Beispiel die Ansteckungsrate in einer Kultureinrichtung und in einem Puff durchschnittlich über einen regionalen Kamm geschoren.
Und die Maßnahmen sind dann entsprechend undifferenziert. Gerade haben Forscher der TU Berlin in Theatern und Museen nur ein R-Wert von 0,6 Prozent gemessen. So niedrig wie in Friseursalons. Einkaufsläden liegen doppelt so hoch. Mehrpersonen-Büros haben – selbst mit nur halber Besetzung – aber 8,0.
Es gibt also viele gute Gründe, Kultur im Land der Dichter und Denker schleunigst aus dem Lockdown herauszuholen!
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