Grüne: Clan-Abschiebepläne "außerhalb des Rechtsstaats"
Grüne stellen klar: Angehörige von Kriminellen dürfen nicht wie solche behandelt werden. SPD-Politikerin liest den Vorschlag anders. Hat es Nancy Faeser nicht so gemeint?
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) stößt mit ihrem Vorschlag, auch strafrechtlich unbescholtene Personen abzuschieben, deren Angehörige zum Teil im Zusammenhang mit Organisierter Kriminalität aufgefallen sind, auf Widerstand innerhalb der Ampel-Koalition.
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Für die Grünen stünden "außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen" niemals zur Debatte, betonte deren Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Dienstag. "Das gilt auch für Maßnahmen, die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln wie Kriminelle."
Grüne erwarten "belastbare Vorschläge"
Die Koalition habe vereinbart, "die Abschiebepraxis zu reformieren und zu effektivieren", so die Grünen-Politikerin und ausgebildete Polizistin. "Dazu erwarten wir von der verantwortlichen Innenministerin konkrete, belastbare Vorschläge."
Auch Parteifreundinnen von Faeser äußerten sich: Die bloße Zugehörigkeit zu einer Familie könne kein Entscheidungskriterium sein, teilte eine Sprecherin von Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur mit. "Es muss in einem Rechtsstaat stets um das individuell zurechenbare Verhalten gehen."
Allerdings gehe es dem Bundesinnenministerium in einem entsprechenden Diskussionspapier des Ministeriums um eine "Angehörigkeit" zu einer kriminellen Vereinigung nach dem Strafgesetzbuch, also um eine "Mitgliedschaft" und nicht um Verwandtschaftsverhältnisse, behauptete sie.
Mitgliedschaft müsste nicht vor Gericht bewiesen werden
Allerdings soll laut dem Diskussionspapier eine strafrechtliche Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung als Kriterium zur Feststellung dieser Angehörigkeit wegfallen. Schwammig ist dort die Rede von "Angehörigen von Gemeinschaften der Organisierten Kriminalität".
Wenn es nicht allein Verwandtschaftsverhältnisse sind, stellt sich die Frage, woran diese Angehörigkeit sonst festgemacht werden soll: Etwa an der gemeinsamen Meldeadresse – oder daran, dass Betroffene zum Beispiel nicht gegen beschuldigte Familienmitglieder aussagen wollen, obwohl sie in diesem Fall ein Zeugnisverweigerungsrecht haben und Schweigen keine strafrechtlichen Folgen haben für sie selbst haben darf?
Die Abschiebung wäre dann quasi eine Ersatzstrafe, die deutschstämmige Angehörige von mutmaßlich Kriminellen nicht treffen kann, wenn sie Zeugenaussagen verweigern.