Grüne Vetternwirtschaft und liberale Klimawandelleugner
- Grüne Vetternwirtschaft und liberale Klimawandelleugner
- Vorschläge, die erneuerbare Energien ausbremsten
- Auf einer Seite lesen
Hinter Postenbesetzungen stecken tatsächlich Institute, die Klimaschutz abbremsen und LNG forcieren. Was bedeutet das für die Energiewende? Und was ist mit FDP und Kanzler Scholz?
Die Meldungen überschlagen sich.
Patrick Graichen, ehemals Leiter der Agora Energiewende und heute Staatssekretär bei Robert Habeck, steht im Mittelpunkt.
Ihm wird vorgeworfen, dass er Gutachten und Postenbesetzungen nach Vetternwirtschaft-Manier durchführe, sowie eine Postenbesetzung an einen Freund vergeben habe.
Ob dies tatsächlich der Wahrheit entspricht, mögen andere entscheiden.
Klar ist, dass viele Medien und die Opposition die Vorwürfe nun nutzen, um den grünen Klimaminister Habeck selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Viel zu viel hat er bereits aus Sicht der fossilen und atomaren Wirtschaft am Umschwung zum Ausbau der erneuerbaren Energien bewirkt.
Zu sehr haben sich die klimaschädlichen Energieunternehmen aus den Sektoren Erdöl, Erdgas, Kohle und Atom an den unter Kanzlerin Merkel vollzogenen Abschwung des Ausbaus der erneuerbaren Energien gewöhnt und so ihre Geschäftsmodelle geschützt gesehen.
Die in der Kritik stehenden Institutionen haben keine ambitionierten Klimaschutzziele
Mir ist aber seit Jahren etwas anderes aufgefallen: In der Kritik der Vetternwirtschaft von Patrick Graichen bezüglich Auftragsvergabe und Postenbesetzung stehen die Deutsche Energieagentur (DENA), das Ökoinstitut und die Agora Energiewende. Genau diese Institutionen gelten als Hauptberatungsinstitute für grüne Energie- und Klimapolitik.
Auch wenn diese Akteure immer betonen, voll hinter dem Klimaschutz zu stehen – sie haben sich nie an den wirklichen Notwendigkeiten für wirksamen Klimaschutz orientiert –, also z.B. an dem Vorhaben 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2030. Im Gegenteil, sie distanzierten sich von anderen unabhängig Forschenden, z.B. den Studien von Scientists for Future (S4F) oder auch denen der Energy Watch Group: 100 Prozent erneuerbare Energien in allen Sektoren bis 2030 findet sich in keinem Einzigen ihrer Gutachten.
Sie bereiten sogar weiteren klimaschädlichen Emissionen den Weg, insbesondere mit ihrer Unterstützung für neue Erdgaskraftwerke, LNG, blauen Wasserstoff oder CCS.
So kommt es, dass die Ampelkoalition immer noch an Klimaneutralität 2045 festhält und auch keine weitergehenden wichtigen Maßnahmen beschlossen hat. Es fehlt nach 1,5 Jahren Regierungsverantwortung weiter das Energy-Sharing, die Flexibilisierung der Lasten innerhalb der erneuerbaren Energien ohne Erdgas, eine Kombikraftwerksvergütung und ein wirksames Gesetzespaket zur Förderung von Regionalstrom.
Die Institutionen, die allesamt hier in der Kritik stehen, gelten zwar als den Grünen nahestehenden Institutionen, sind in Wirklichkeit aber nicht offensiv genug für den Klimaschutz eingetreten. Sie stützen immer noch Erdgas als angeblichen Beitrag zum Klimaschutz und als angeblich unverzichtbar für die Flexibilität, die zum Ausgleich von Solar- und Windenergie im Netz benötigt wird.
Auch das ist wohl ein Grund, warum die FDP in diesem Fall die Opposition kritisiert und die "grüne Vetternwirtschaft" verteidigt – obwohl sie sonst innerhalb der Ampelregierung fast sämtliche wichtigen Initiativen der Grünen torpediert.
Klimaneutralität 2045 kommt zu spät, dennoch wird es in vielen Studien akzeptiert
Dabei ist längst klar: Die Regierungsziele Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 und das EU-Ziel bis 2050 kommen viel zu spät und sind ein wesentlicher Beitrag auf dem Pfad zu einer drei Grad Celsius heißeren Welt, in der es kaum mehr eine menschliche Zivilisation geben kann, wie wir sie heute kennen. Dennoch unterstützen die genannten Institute genau das.
Bezeichnend ist z.B. eine der jüngsten Analysen des Ökoinstituts zusammen mit Fraunhofer ISI und Prognos im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zum EU-Klimaschutzprogramm "Fit for 55"
Darin werden die komplett unzulänglichen Klimaziele und Unterziele, z.B. der Ausbau der erneuerbaren Energien der EU auf 43 Prozent bis 2030 lediglich mit den (unzulänglichen) Zielen der Bundesregierung verglichen.
Festgestellt wird dann, dass hier weitgehend Übereinstimmung herrscht. Selbst im Kapitel "9.4 Einschätzung und Anpassungsbedarf" steht nicht, dass all diese Ziele untauglich sind. Dort steht nicht, dass die EU genauso wie Deutschland sich damit auf dem Pfad zu einer Heißzeit von drei Grad Celsius befinden.
Auch Agora spricht sich weiterhin für das klimapolitisch unzulängliche Ziel der Bundesregierung von nur 80 Prozent Ökostrom statt 100 Prozent Gesamtenergie aus erneuerbaren Energien aus und plädiert sogar für neue Erdgaskraftwerke, die Wasserstoff-ready sein sollen.
Die DENA hat gar vor Jahren eine Taskforce zum Ausbau des höchst klimaschädlichen LNG (Flüssigerdgas) gegründet.
Genau in diesen Instituten sitzen also jetzt schon – oder sollen zukünftig sitzen – die Freunde und Verwandte von Staatssekretär Patrick Graichen. Allesamt ignorieren sie die klimapolitische Notwendigkeit von 100 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030. Sie diskutieren nicht die vielen anderen Studien, die deren Machbarkeit belegen und stützen so in hohem Maße das klimaschädliche Erdgas.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.