Gute Populisten - schlechte Populisten

Seite 3: Wann ist ein Wahlergebnis gut für Europa?

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Nach der Hollandwahl hörten wir eine Bewertung des Ergebnisses, das wir in diesem Jahr noch häufiger lesen werden. Die Wahl sei ein Sieg für Europa oder gut für die Europäer gewesen. Nur wer ist damit gemeint? Eine Bewohnerin Russlands, Albaniens oder Serbiens sicher kaum. Geographisch leben sie in Europa, doch der politische Begriff des Europas, das hier gemeint ist, bezeichnet die EU unter der Hegemonie Deutschlands.

Wenn also in der nächsten Zeit wieder einmal eine Wahl gut oder schlecht für Europa ist, dann sollte man wissen, was gemeint ist. Die von Deutschland dominierte EU sieht ihre Interessen gewahrt oder nicht. Wer kein Freund dieses deutschen Europas ist, ist eben ein schlechter Populist, wer mit dem deutschen EU-Block harmoniert, hingegen ein guter Populist.

Die nationalkonservative polnische Regierung hat in der letzte Woche, als sie sich gegen den Kandidaten der Deutschen-EU wehrte, zu spüren bekommen, was es heute heißt, sich gegen den Hegemon zu stellen. Wie schnell auch die liberalen Freunde der EU die Unterscheidung in gute und schlechte Populisten verinnerlicht haben, zeigt ein Interview mit dem stets wendigen ökoliberalen Claus Leggewie. Im Deutschlandfunkinterview rief er nach der Hollandwahl eine Trendwende auf und begrüßte eindeutig, dass der holländische Ministerpräsident Wilders mit rechter Rhetorik die Grenzen gesetzt hat.

Dobovisek: Gehen wir noch mal einen Schritt zurück: blicken wir in die Niederlande. Haben die Populisten in den Niederlanden, hat Geert Wilders am Ende doch gewonnen? Leggewie: Das glaube ich nicht. Ich glaube, er hat sich mehr erwartet. Es wurden bis zu 31 Sitze prognostiziert. Umfragen sind nicht mehr so valide, wie sie mal waren. Die Situation hat sich geändert. Ich glaube, wir haben es auch in ganz Europa mit einer Trendwende zu tun. Dobovisek: Wilders hat aber vor allem eines erreicht, das können wir beobachten. Er hat die etablierten Parteien, vor allem Mark Rutte dazu gebracht, auf seinen schrillen Wahlkampf einzugehen und selbst extremer zu werden. Ist das auch ein Vorzeichen, das wir mit bedenken müssen? Leggewie: Ich glaube, dass die populistische Propaganda, oder ich nenne sie "autoritäre Nationalisten", dass die immer einen gewissen Wahrheitskern hat. Die Partei von Herrn Wilders hat den Namen Freiheit im Titel und ich glaube, dass sich viele Niederländer durch das angesprochen fühlen, was er unter Verteidigung der Freiheit gegen autoritäre Muslime, gegen den Multikulturalismus und dergleichen anspricht. Ich glaube, dass Populisten, wenn sie denn eine Funktion haben, die Funktion besitzen, dass sie auf Defizite der staatlichen Politik hinweisen, die insbesondere im Bereich der Einwanderung vorhanden sind. Deswegen geht man nicht auf ihre Ziele ein, das ist ein Stück weit in den Niederlanden passiert, sondern bietet andere, bessere, produktivere Lösungen an.

Interview mit Claus Leggewie