"Haben Fehler korrigiert und uns entschuldigt"
Seite 3: Reaktion der Szene und ein vorläufiges Fazit der Luca-App-Affäre
- "Haben Fehler korrigiert und uns entschuldigt"
- Nicht alle Best Practices der Softwareentwicklung eingehalten
- Reaktion der Szene und ein vorläufiges Fazit der Luca-App-Affäre
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Linus Neumann vom CCC weiß: "Offener Quelltext ist noch kein Garant für Sicherheit und Schwachstellen zu leugnen bringt nichts", aber wie viele andere, die sich der eingehenderen Analyse der Luca-App gewidmet haben, ist auch er zunehmend genervt: "Wir sind nicht der kostenlose TÜV für Covid-Glücksritter", erklärt er bei Radio Eins.
Auch Kris Köhntopps Urteil ist vernichtend: "Die Luca-App ist im günstigsten Fall ein digitales Globuli, im schlimmsten Fall eine unkontrollierte Jauchegrube für personenbezogene Daten und eine Ermutigung, Ansteckungsrisiken einzugehen. Dann sterben Leute."
Wer jetzt meint, das sei nur übertriebenes, aggressives Geschrei von Nerds, dem sei der Netzpolitik-Artikel vom 11. März ans Herz gelegt: Chris Köver schreibt da bereits: "Kritiker:innen fürchten, sie (die Luca-App) lenke vor allem von der Realität ab." In die gleiche Kerbe schlägt auch die linke Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg, die – wie viele andere – ein Zeitungsinterview der BZ mit den Luca-Entwicklern aufs heftigste kritisiert: "Dieser Artikel mit Interview der #LucaApp Leute hält keinem Faktencheck stand. Weder stimmt die Aussage, "die App sei so sicher, wie es geht", noch: "Gesundheitsämter müssen Daten händisch an die #CoronaWarnApp übermitteln" - GÄ übermitteln NIE Daten an CWA."
Das Schlimmste am Luca-App-Skandal
Das Schlimme an der Luca-App-Geschichte ist nicht, dass hier dilettantisch Entwicklung betrieben wurde von Machern, die vom eigenen Erfolg überrollt wurden. Auch nicht, dass Politiker, Datenschützer und Verwaltungen auf prominente Musiker hereinfielen und sich in deren medialen Glanz zu sonnen suchten, oder eventuell ein Bundesministerium durch Abwarten dafür sorgte, dass ein Markt für eine App entstand.
Das Schlimmste ist, dass eine ganze Gesellschaft nach gefühlt einem Jahr Lockdown nur allzu gerne einen Messias, Heilsbringer oder Zaubertrank hätte, und den Fake-News-Versprechen und Verschleierungsstrategien von PR-Profis allzu willfährig auf den Leim geht.
Dass derlei funktioniert, ist aber ein gesellschaftliches Problem: Allzu leicht lassen wir uns vom Wesentlichen ablenken (Cognitive Bias, Kognititive Verzerrung). Die eigentlich wichtigen Fragen sind doch: Wie viele Luftreiniger für Schulen bekommt man für 25 Millionen Euro? Wie viele Dosen Impfstoff? Wie viele Mitarbeiter im Pflege- oder Intensivstationen oder in Gesundheitsämter könnte man mit dem Geld aufstocken oder angemessen bezahlen? Wie viele Leben retten? Da verblasst sogar die Frage nach der Rolle eines Bundesgesundheitsministers in dieser Geschichte.
Hier die ungekürzten Fragen und Antworten als PDF-File:
Markus Feilner arbeitet seit 1994 mit Linux, war stellv. Chefredakteur des Linux-Magazin und der iX, Teamleiter Dokumentation beim Linux-Hersteller SUSE und hat sich mit seiner Firma Feilner IT auf Dokumentation und die OSI Layer 8, 9 und 10 spezialisiert.