Haftbefehle wegen Angriff auf Nordkoreas Botschaft in Madrid
Bewaffnete Mitglieder einer "Cheollima Civil Defence" haben angeblich Ende Februar Computer aus der Vertretung in Spanien geraubt
Die Vorgänge um den bewaffneten Überfall auf die nordkoreanische Botschaft in Madrid am 22. Februar beginnen sich zu klären. Zehn bewaffnete Personen, von denen mindestens zwei Kontakt zum US-Geheimdienst CIA haben sollen, waren in das Botschaftsgebäude eingedrungen, hatten Mitarbeiter geschlagen und verhört. Dabei wurde diverses Material geraubt.
Nun hat der zuständige Ermittlungsrichter José de la Mata zehn internationale Haftbefehle erlassen. Chef der Truppe soll der Mexikaner Adrian Hong Chang sein, der in den USA lebt. Der hatte nach dem Tod des Diktators Kim Jong Il schon 2011 den baldigen Fall des Regimes beschworen. Da dies bisher nicht eingetreten ist, scheint er seine Vorgehensweise zu radikalisieren.
Nach dem bewaffneten Überfall soll Adrian Hong Chang zurück in den USA geflüchtet sein. Das gesamte Kommando habe sich nach dem Angriff aufgeteilt, sei in vier Gruppen nach Portugal geflohen und habe von dort aus das Weite gesucht, wird aus den Ermittlungsakten zitiert. Zumindest der Anführer habe am 23. März einen Flug nach Newark angetreten.
An das FBI gewandt
Der Beschluss zur Beantragung der Haftbefehle besteht aus 14 Seiten. Dem zufolge habe sich Adrian Hong Chang fünf Tage nach den Vorgängen in der Botschaft an das FBI gewandt, um seine Version der Vorfälle zu schildern. Er habe Videomaterial und Datenmaterial angeboten. Geraubt worden seien aus der Botschaft einige USB-Sticks, zwei Computer, zwei externe Festplatten und ein Handy.
Geplant hatte das Kommando die Flucht offensichtlich nicht. Die Truppe wurde aber von der Polizei überrascht, weil eine Angestellte aus einem Fenster aus der Vertretung fliehen konnte, die sich in einem Zimmer eingeschlossen hatte. Deshalb rief der Chef der Truppe nach der Flucht in seinem Hotel an, um mitzuteilen, dass er das Land habe eilig verlassen müssen. Das Gepäck werde von einer Transportfirma abgeholt, erklärte er. Letztlich habe es aber ein "Julio Hang", eine Person mit asiatischem Aussehen, abgeholt. Von New York aus sei das Hotel von insgesamt fünf Mitgliedern der Truppe bezahlt worden, die sich in diesem Hotel aufgehalten haben.
Brutaler Überfall
Mit von der Partie seien auch der Südkoreaner Ram Lee und der US-Staatsbürger Sam Ryu gewesen. Auch sie haben in einem Geschäft Material gekauft, das bei dem Überfall auf die Botschaft benutzt wurde, wie Klebeband, Macheten, Messer und Eisenstangen, mit denen brutal auf Botschaftsangehörige wie den Botschafter Yuk Sok So eingeprügelt wurde.
Gekauft haben sie auch Pistolenattrappen, Handschellen und ähnliches Material. Bei den Gewalttätern habe es sich um eine angebliche "Menschenrechtsvereinigung zur Befreiung von Nordkorea" gehandelt. Den Wirtschafts-Attaché der Botschaft habe man in einen Kellerraum verschleppt und versucht, zum Überlaufen zu bringen. Das lehnte der dankend ab.
Eine "Geheimorganisation"
Inzwischen habe sich eine dubiose Gruppe mit dem Namen "Cheollima Civil Defence" zu dem Angriff bekannt. Die Truppe, die sich auch "Free Joeson" nennt, trat nach Angaben des Guardian 2017 in Erscheinung und will dem Halbbruder des nordkoreanischen Regierungschefs Schutz geboten haben.
Und es scheint, Venezuela macht Schule, denn auch die Truppe bezeichnet sich als Exilregierung. Die behauptet nun, es sei keine ausländische Regierung in die Vorgänge verwickelt. Eine reichlich spätes Bekenntnis, nachdem schon Hinweise dafür vorliegen. Ohnehin gibt die Gruppe zu, dass das Material "freiwillig" mit dem FBI geteilt worden sei, "auf dessen Nachfrage, nicht unserer". Das FBI habe sich zu Anfragen von CNN nicht äußern wollen.
Die "Geheimorganisation" behauptet auch, der Angriff, der ihrer Angabe nach "kein Angriff" gewesen sein soll, habe nichts mit dem Gipfel zwischen Kim Jong Un und dem US-Präsidenten Donald Trump zu tun gehabt, der genau fünf Tage nach der Attacke stattfand und ergebnislos verlief.
Vermutet wird, dass Material von Kim Hyok Chol gefunden werden sollte. Das war der frühere Botschafter in Spanien, der als enger Vertrauter von Kim Jong Un gilt und Spanien 2017 verlassen musste, da er zur unerwünschten Person erklärt worden war. Wie glaubwürdig die Aussagen der Gruppe sind, lässt sich schon daran ablesen, dass sie behauptet: "Alle Botschaftsangehörige wurden mit Würde und der nötigen Vorsorge behandelt."
Angeblich haben sie Beweise für ihre Version. Die will sie aber nicht vorlegen, um nicht die zu gefährden, die "unsere Hilfe suchen" und die "die große Risiken eingehen", wird nebulös erklärt.