Handy-User im heimlichen Radar-Visier

In Entwicklung befindliches Radar-System könnte durch Nutzung von Mobilfunknetzen zum Ausspionieren von Handy-Benutzern missbraucht werden

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Eine gute Nachricht zumindest für Handybesitzer mit Prepaid-Karte ist das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, dass Mobilfunkanbieter für Prepaid-Nutzer keine Kundendaten speichern müssen, wie es das Gesetz für sonstige Handy-Kunden vorschreibt. Weniger positiv für Datenschutz und Persönlichkeitsrechte sind ernsthafte Befürchtungen britischer Datenschützer und Bürgerrechtler angesichts des im Entstehen begriffenen Radarsystems Celldar ( CELLphone raDAR), das im aktuellen New Scientist vorgestellt wird. Das Ortungssystem, das die Reflektion der Funksignale von Mobilfunkmasten auswertet, könnte zur Totalüberwachung mobil telefonierender Bürger verwendet werden.

Wer mit dem Mobiltelefon kommuniziert, bewegt sich dabei zumeist im Öffentlichen Raum und setzt sich grundsätzlich (mehr) der Gefahr aus, belauscht zu werden. Jetzt wächst die Befürchtung, dass auch die Bewegung zukünftig ohne Überwachungskameras überwacht werden könnte. Eine der Herstellerfirmen von Celldar hat dazu unlängst ein verräterisches Statement auf ihrer Homepage veröffentlicht.

Die Siemens-Tochterfirma Roke Manor Research, die bei dem Projekt mit dem Luftfahrtkonzern BAe Systems kooperiert, ließ verlauten, dass "die Technologie dazu geeignet sein werde, Fahrzeuge und Menschen auf für militärische Zwecke nutzbare Entfernung zu orten." Celldar basiert auf dem Prinzip des sogenannten passiven Radars, bei dem ohne eigene Signal-Emissionen die Beeinflussung fremder Funkstrahlung durch sich bewegende Objekte analysiert wird. Seit 1999 arbeitet der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin an dem System Silent Sentry, das die Signale von Radio- und Fernsehmasten nutzt, um Flugzeuge und Schiffe aufzuspüren.

Der Austausch von Funksignalen zwischen den viel weiter verbreiteten Mobilfunkmasten, die an Zahl außerdem ständig zunehmen, bietet die technische Grundlage für Celldar. Die hochfrequenten Mobilfunkwellen werden durch Hindernisse unterschiedlich gestört bzw. reflektiert. Sich bewegende Objekte wie Fahrzeuge, Tiere - und Menschen - beeinflussen durch reflektierende Oberflächen die Wellen anders als es unbewegliche Gebäude oder etwa Bäume tun. Radar-Receiver sind daher in der Lage, bewegliche Ziele herauszufiltern. Der Abgleich der gemessenen Positionsdaten mit denen von GPS-Satelliten und festinstallierten Radarstationen würde zumindest in Gebieten ohne Mobilfunklöcher eine flächendeckende genaue Ortung von Personen in Bewegung ermöglichen.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Radarsystemen kommt Celldar zudem ohne hohe Energiekosten für leistungsstarke Transmitter aus. Die Komponenten können daher viel kleiner und billiger gebaut werden, auch mobile Radargeräte in Laptopgröße für den Hausgebrauch durch Big-Jedermann-Brother scheinen in wenigen Jahren vorstellbar zu sein. Radarexperten halten allerdings die individuelle Identifikation von Menschen noch nicht für vorstellbar, da die Auflösung der Celldar-Ortung nicht hoch genug sei.

Das britische Verteidigungsministerium, die Polizei und Sicherheitsdienste zeigen sich aber schon mal sehr interessiert. Roke Manor hat auf der Homepage in seiner Auflistung der Celldar-Wohltaten die Bemerkung über menschliche Ziele inzwischen gelöscht. Und wie immer beteuern Forscher und staatliche Organe offiziell, dass Celldar generell natürlich nur zur Verkehrsüberwachung und Terrorbekämpfung gedacht sei. Dies jedoch gerade in einem Land, in dem die Überwachungskameras (vgl. Wie eine Seuche) wie Pilze aus dem Boden schießen. Und der Große Bruder Tony Blair hat bekanntermaßen nicht nur große Augen, sondern auch ziemlich große Ohren...