Handyfirmen entdecken den Kostenfaktor Überwachung
Österreichische Mobilfunkanbieter lassen Polizei für Auskünfte zahlen und wollen eine geplante Überwachungsverordnung blockieren
Nach dem stetigen Anstieg von polizeilichen Anfragen führten einige österreichische Mobilfunkanbieter kurzerhand kostenpflichtige Mehrwertnummern ein. Doch die bisherigen Auslagen für die gesetzlich vorgeschrieben Kooperation mit den Sicherheitsbehörden waren wohl Peanuts im Vergleich zu dem, was mit der Umsetzung der geplanten Überwachungsverordnung auf die Handyfirmen zukommt. Telekommunikationsunternehmen befürchten Kosten in Millionenhöhe.
Einige tausend Polizeianfragen trudeln jährlich bei Österreichs privaten Handyfirmen ein. Bei Maxmobil, die etwa 37 Prozent Marktanteil hält, kümmern sich bereits vier Mitarbeiter ausschließlich um die Bedürfnisse der Polizei. Sie tragen dafür Sorge, "dass jede Anfrage vor ihrer Beantwortung auch auf ihre Gesetzmäßigkeit geprüft wird. Antworten werden von diesen speziell geschulten Mitarbeitern nur bei Vorliegen der gesetzlichen Zulässigkeit gegeben", betont das Unternehmen gegenüber Telepolis.
Nachdem sich das Unterfangen Polizeibeauskunftung als ausgesprochen ressourcenaufwendig herausgestellt hatte, führte Maxmobil bereits Oktober 2000 kostenpflichtige Nummern ein. Andere Mobilfunkbetreiber in Österreich wollen jetzt nachziehen, fand der ORF heraus. Ein Anstieg der Anfragen wird offensichtlich von allen Handyfirmen erwartet.
Angesichts des betriebenen Aufwands, stellt sich die Frage, was die Sicherheitsbehörden eigentlich so alles wissen wollen. Darüber ist offiziell allerdings wenig zu erfahren. Bearbeitet würden "alle im Zusammenhang mit der Fernmeldeüberwachung gemäß § 149 ff StPO stehenden Maßnahmen und Anfragen, die durch Ratskammerbeschluss an max.mobil. gerichtet bzw. beauftragt werden", heißt es von Seiten Maxmobil. Die Rechtsabteilung des Unternehmens unter der Leitung von Klaus Steinmaurer betont gegenüber Telepolis: "Im Detail können dazu keine weiteren Ausführungen gemacht werden. Wir halten fest, dass die Stammdatenanfragen selbst nur einen "Nebenschauplatz" darstellen. Beispielhaft sind Rufdatenrückerfassungen anzuführen." Mehr lässt sich Maxmobil nicht entlocken. Gemunkelt wird allerdings in der Branche, dass etliche Anfragen den Zweck verfolgen, Besitzer von "anonymen" Wertkartenhandys zu eruieren. Eine nicht personalisierte Telefonnummer ist wahrlich kein Garant für die Wahrung der Anonymität.
Wie auch immer, Fakt ist, dass sich Maxmobil zur Einrichtung von kostenpflichtigen Nummern entschloss, um "unnötige Anfragen" hintanzuhalten. Dass die Polizei zur Kasse gebeten wurde, begeisterte das österreichische Innenministerium weniger. Es entspann sich ein aufschlussreicher Briefwechsel. In einem Antwortschreiben an das Ministerium hielt Maxmobil etwa fest: "Vor Einrichtung unserer Servicenummern sind Polizeidienststellen oftmals telefonisch mit der Bitte an uns herangetreten, eine bei den Rufdaten vorgefundene Mehrwertnummer anzurufen und bekannt zu geben, wer dahinter steckt. Dies als Beispiel, mit welchen Fragen wir seitens der Sicherheitsbehörden konfrontiert wurden, die einen enormen Zeitaufwand verursachten und uns in weiterer Folge von der Erledigung weiterer polizeilicher Anfragen abhielten."
Auch sonst bereiten die sicherheitsbehördlichen Begehrlichkeiten den österreichischen Mobilfunkbetreiber im Moment Kopfzerbrechen. Die geplante Überwachungsverordnung hat es in sich. Die technische Umsetzung des ETSI-Standards würde Unsummen kosten ebenso wie die aus der laufenden Betreuung erwachsenden Personalkosten explodieren könnten, befürchten die Unternehmen.
"Bei der Mobilkom steht man dem neuen Entwurf einer Überwachungsverordnung (ÜVO), der im Herbst auf's Tapet kommt, schon aus Kostengründen sehr kritisch gegenüber. Sollte die ÜVO in ihrer derzeitigen Form durchgehen, sei mit Gesamtkosten von mehreren hundert Millionen Schlling zu rechnen, heißt es beim Marktführer", berichtet die ORF-Futurezone.
Während die österreichischen Mobilfunkbetreiber primär aus Kostengründen den Prozess blockieren wollen, macht man sich auf politischer Ebene Sorgen um die Rechtsstaatlichkeit. Traditionsgemäß preschen hier die Grünen vor und richten sich auf einen heißen Herbst ein. Die Justizsprecherin der österreichischen Grünen, Terezjia Stoisits, würde ein laut vernehmbares Aufbegehren der betroffenen Handyfirmen durchaus begrüßen. Im Gespräch mit Telepolis meinte sie: "Mich wundert es ohnehin, dass die Mobilfunkbetreiber nicht schon früher laut aufgeheult haben. Alle Befugnisse die inzwischen den Sicherheitsbehörden eingeräumt wurden, betreffen ja direkt ihre Kunden."