Hass auf Israel: Antisemitismus und Antizionismus in der Charta der Hamas
Seite 2: Propagierung antisemitischer Verschwörungsvorstellungen
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Bestärkt wird die Auffassung, wonach es sich bei der Charta der "Hamas" um einen antisemitischen Text handelt, noch durch die darin enthaltenen Verschwörungsvorstellungen.
Dabei macht die Hamas das behauptete konspirative Wirken von Juden für viele negative Entwicklungen verantwortlich: "Sie streben danach, gewalttätige und mächtige materielle Reichtümer anzuhäufen und sich ihrer zur Verwirklichung ihres Traums zu bedienen. So erlangen sie durch das Vermögen die Kontrolle über die internationalen Medien ...
Durch das Vermögen lösten sie Revolutionen in verschiedenen Teilen der Welt aus, um ihre Interessen zu verwirklichen und Gewinne zu erzielen. Sie standen hinter der Französischen Revolution, den kommunistischen Revolutionen und den meisten Revolutionen hier und da, von den wir gehört haben und hören" (S. 218, Artikel 22).
Die zitierten Behauptungen entstammen dem Agitationsarsenal des europäischen Antisemitismus, hatte man doch bereits vor den Nationalsozialisten von einer "jüdisch-freimaurerischen Verschwörung" gesprochen.
Berufung auf die "Protokolle der Weisen von Zion"
Die Auffassungen in der Charta erinnern an die "Protokolle der Weisen von Zion", eine antisemitische Fälschung, welche die Existenz einer weltweiten jüdischen Konspiration behauptet.
Die Hamas beruft sich auf diese Schrift sogar in aller Deutlichkeit: "Das zionistische Vorhaben ist grenzenlos, und nach Palästina streben sie nach der Expansion vom Nil bis zum Euphrat. Wenn sie das Gebiet völlig verschlungen haben, zu dem sie vorgedrungen sind, trachten sie nach einer weiteren Expansion und so fort. Ihr Vorhaben steht in den 'Protokollen der Weisen von Zion', und ihr gegenwärtiges Handeln ist der beste Beleg für das, was wir sagen" (S. 224, Artikel 33).
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Die Hamas unterstellt demnach nicht nur das jahrhundertelange Bestehen einer jüdischen Verschwörung, sie beruft sich hierbei auch offen auf die wohl bedeutendste antisemitische Hetzschrift des 20. Jahrhunderts.
Obwohl bereits seit Beginn der 1920er Jahre bekannt war, dass es sich um eine Fälschung handelte, fanden die "Protokolle" auch nach 1945 vor allem in der arabischen Welt weiter Verbreitung.
Kontroverse Einschätzungen zur Bedeutung der Charta
Die antisemitischen und antizionistischen Grundpositionen im Text der Charta der "Hamas" sind durch die vorstehenden Ausführungen und Zitate deutlich geworden.
Gleichwohl gibt es bezüglich der Bewertung und dem Stellenwert des Textes auch andere Stimmen: Danach sei kein Mitglied zu deren Lektüre verpflichtet und die Charta habe für die palästinensische Gesellschaft nur wenig Relevanz. Der Hinweis auf den Text diene westlichen Kritikern als Grundlage für eine Dämonisierung der "Hamas" (Helga Baumgarten).
Dieser Hinweis kann aber allenfalls für die Einschätzung der Breitenwirkung ein Argument sein. Die Bewertung des Inhalts ändert sich dadurch nicht.
Immerhin hat sich die palästinensische Organisation diesen Text als eigenes Programm im Sinne eines politischen Selbstverständnisses gegeben.
Die Charta ruft ganz offen zur Tötung von Juden als Mittel auf, um das Ziel eines islamischen Palästinenserstaates zu erreichen. Die Bewertung solcher Forderungen als Ausdruck eines eliminatorischen Antisemitismus ist deshalb angemessen.
Schlusswort und Zusammenfassung
Bilanzierend können die oben gestellten beiden Fragen wie folgt beantwortet werden: Die Grundlagenwerke des Islams und Erklärungen der "Muslimbruderschaft" sind für die Hamas die ideengeschichtlichen Bezugspunkte in der Vergangenheit.
Darüber hinaus knüpft die "Hamas" in ihrer Charta an das Agitationsarsenal des europäischen Antisemitismus an, was sich aus der ausdrücklichen Berufung auf die "Protokolle der Weisen von Zion" ergibt.
Was die konkreten Folgen des Antisemitismus und Antizionismus im Text angeht, so lässt sich aufgrund der klaren und offenen Wortwahl der "Hamas" konstatieren: Die Juden und der Staat Israel sollen bis zur Vernichtung und Zerschlagung gewalttätig bekämpft werden.
Die früheren Wellen von Selbstmordattentaten auch und gerade gegen zivile Einrichtungen und Personen in Israel können als ein direkter Ausdruck dieser grundlegenden Position gelten. Der Text lässt demnach sowohl am Antisemitismus und Antizionismus wie am Gewaltbezug und Vernichtungswillen der "Hamas" keinen Zweifel.
Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber, geb. 1963, studierte Politikwissenschaft und Soziologie. Von 1994 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referatsleiter in der Abteilung Rechtsextremismus des Bundesamtes für Verfassungsschutz, seit 2004 Prof. an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung Brühl und Heimerzheim.
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