Hat Clinton die Wahl wegen Kriegsmüdigkeit der Amerikaner verloren?
Studie errechnet statistisch signifikanten Zusammenhang mit gefallenen Soldaten
Es gibt viele mögliche Ursachen dafür, warum die demokratische Kandidatin Hillary Clinton im letzten Jahr nicht zur US-Präsidentin gewählt wurde: Darunter ihre mangelnde Glaubwürdigkeit, ihre langjährige Befürwortung von Freihandelsabkommen und ihre Umarmung von Identitätspolitik und Intersektionalismus. Der Politikwissenschaftler Douglas L. Kriner von der Boston University und der Jurist Francis X. Shen von der University of Minnesota haben nun eine Studie veröffentlicht, die als möglicherweise entscheidende Ursache ihrer Niederlage die Kriegsmüdigkeit von Wählern in Bundesstaaten ausmacht, aus denen in den letzten 15 Jahren besonders viele gefallene Soldaten kamen.
Dass Wahlkreise, aus denen im amerikanischen Bürgerkrieg, im Koreakrieg und im Vietnamkrieg besonders viele Gefallene stammten, bei Wahlen öfter für die Herausforderer der Amtsinhaber stimmten, war schon länger bekannt. Nun sahen sich Kriner und Shen die Präsidentschaftswahl 2016 auf solche Auffälligkeiten hin an und entdeckten unter anderem, dass die drei für Donald Trumps Sieg entscheidenden Bundesstaaten Pennsylvania, Michigan und Wisconsin prozentual gesehen mit die höchsten Verlustraten in den Kriegen im Irak und in Afghanistan hatten.
Ausrutscher Vermont
In New York, Kalifornien, New Jersey und anderen Bundesstaaten, die die als "Kriegskandidatin" gesehene Clinton gewann, lag der Anteil der gefallenen Soldaten dagegen recht niedrig. Ein statistischer Ausrutscher ist der Mormonenstaat Utah (wo Trump trotz eines sehr geringen Anteils von Gefallenen gewählt wurde), ein anderer der klar von Clinton gewonnene Bundesstaat Vermont, der mit über 41 Toten auf eine Million Einwohner die höchste Verlustrate aufweist. Der von dort kommende Senator Bernie Sanders, ein erklärter Kriegsgegner, hatte Hillary Clinton in den Vorwahlen herausgefordert, aber später gegen Trump unterstützt.
Ebenfalls einen statistisch signifikanten Zusammenhang entdeckten die beiden Wissenschaftler, als sie Trumps Abschneiden in einzelnen Bezirken mit dem des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney 2012 verglichen. Dieser Zusammenhang zeigte sich auch dann noch, als sie möglicherweise relevante Faktoren wie Einkommen, Bildung, Hautfarbe und Stadt-Land-Verteilung herausrechneten. Dass die Zahl der Toten auch in den stärker betroffenen Gegenden an der Gesamteinwohnerzahl gemessen relativ gering ist, muss ihnen nach nicht bedeuten, dass der statistisch signifikanten Zusammenhang an einem Faktor liegt, denn sie übersahen. Denn auch wenn nur wenige Familienangehörige direkt betroffen waren, so berichteten lokale Sender - die in den USA eine deutlich größere Bedeutung haben als in Deutschland - meist sehr ausführlich über die Toten in ihrem Sendebereich. Von landesweit tätigen Medien - und von der Politik in Washington - wurden diese Toten dagegen eher ignoriert.
Schumer kümmert sich um schnupfbares Kakaopulver
Ob Trump, der sich im Wahlkampf als Antikriegskandidat darstellen, aber dieses Versprechen bislang nicht wirklich einlösen konnte, 2020 wiedergewählt wird, hängt Shen und Kriner nach auch davon ab, welche Außenpolitik er in den nächsten dreieinhalb Jahren betreibt - und ob er es schafft, den Amerikanern in den besonders betroffenen Herkunftsgebieten gefallener Soldaten den Eindruck zu vermitteln, dass er kein Politiker ist, der auf Kosten ihrer Söhne, Ehemänner und Freunde Prestigepolitik macht.
Theoretisch könnte das auch ein demokratischer Kandidat - allerdings erweckt diese Partei aktuell nicht unbedingt den Eindruck, auf Ratschläge wie die von Shen und Kriner zu warten: Hillary Clinton hat gerade angekündigt, dass sie bei den Halbzeitwahlen 2018 wieder eine wichtige Rolle spielen will - und Senatssprecher Charles Schumer beschäftigt das Problem, dass es angeblich Leute gibt, die koffeinhaltiges Kakaopulver nicht als Getränk zubereiten, sondern durch die Nase schnupfen. Reason meinte zu dieser Prioritätensetzung, der Senator stelle sich die Bürger anscheinend wie eine Ansammlung von Ralph Wiggums vor. Auch Bernie Sanders, der demokratische Gegenkandidat von Hillary Clinton, zeigte sich im Juni ausgesprochen unzufrieden mit dem Zustand der Demokraten und meinte auf dem People's Summit in Illinois, sie sei ein "absoluter Fehlschlag" und brauche einen "grundlegenden Wandel".
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