Haus ohne Grund

Symbolfoto: CHUTTERSNAP/Unsplash

Die Immobilienpreise sind im Jahr 2020 besonders stark gestiegen. Trotz oder wegen Corona?

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Auch in Pandemiezeiten wird Wohnen in Deutschland nicht billiger. Tatsächlich sind die Immobilienpreise zuletzt so stark gestiegen, wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Das Statistische Bundesamt berichtet, Wohnimmobilien verteuerten sich "trotz" der Corona-Krise weiterhin. Vielleicht steigen die Preise sogar wegen Corona.

Um durchschnittlich 7,8 Prozent haben sich die Preise für Wohnimmobilien im 3. Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahresquartal verteuert. Besonders stark stiegen die Kaufpreise von Eigentumswohnungen in mittleren Großstädten: Dort verteuerten sich Wohnungen um 10,2 Prozent. Von der Verteuerung ebenfalls besonders stark betroffen waren die Preise für Häuser in dichter besiedelten ländlichen Kreisen: Der Preisanstieg für Ein- und Zweifamilienhäuser belief sich dort auf 9,7 Prozent.

Manche Medien geben sich noch immer überrascht, dass viele Menschen ein grundsätzliches Bedürfnis nach den eigenen vier Wänden zu haben scheinen. "Trotz der Pandemie wollen weiter viele Menschen in Deutschland Wohnungen und Häuser kaufen", erklärt die Tagesschau. Was die Menschen sonst tun sollen, wenn sie nicht mieten und nicht auf der Straße stehen sollen, erklärt die Tagesschau nicht.

Nicht "trotz", sondern gerade wegen der Pandemie dürfte die Nachfrage derzeit besonders hoch sein. Dass es einen Trend hin zum Home-Office gibt ist mittlerweile kein Geheimnis. Dass ein eigener Garten Vorteile hat, wenn man nicht auf die Straße gehen kann, auch. Die zuletzt erfolgte Verteuerung von Häusern gerade in dichter besiedelten, ländlichen Kreisen dürfte in diesem Zusammenhang zu sehen sein.

Ein weiterer Grund für die anhaltende Nachfrage nach Wohnimmobilien sind selbstverständlich die historisch niedrigen Zinsen. Eine wachsende Zahl von Banken berechnet für Bargeldeinlagen einen Negativzins. Der Kauf von Immobilien erscheint somit aus Sicht der Verbraucher als Ausweg, um dem Geldschwund vorzubeugen. Die Banken wiederum müssen für überschüssiges Geld bei der EZB einen Negativzins zahlen. Aus ihrer Sicht ist die Vergabe von Baudarlehen, selbst zu sehr günstigen Konditionen, besser.

"Schnäppchen"

Ob und wie stark die veröffentlichten Kaufpreise von den tatsächlich gehandelten Preisen abweichen, lässt sich nur bedingt verallgemeinern. Der Anstieg der Kaufpreise von Neubau-Immobilien hat sich zuletzt etwas verlangsamt. Manche Bauträger locken, sicher nicht freiwillig, derzeit mit dem einen oder anderen "Schnäppchen". Bei Bestandsimmobilien ist es leicht möglich, dass die tatsächlich gehandelten von den zuvor veröffentlichen Preisen nach oben abweichen: Wenn mehrere Interessenten in einem Bieterverfahren um den Zuschlag für ein Objekt kämpfen.

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeige sich der deutsche Immobilienmarkt von Corona "unbeeindruckt": Aufgrund der bereits sehr hohen Preise in den Ballungsgebieten sei eine verstärkte Nachfrage auch in den ländlichen Regionen zu erkennen. Dass die hohen Preise in den Metropolen, wie in München, zu Preisschüben in den B- und C-Städten führen ist schon länger zu beobachten.

Etwa eine Stunde Fahrzeit vom Münchener Zentrum gibt es sie noch: "Schnäppchen", z.B. ältere Reihenhäuser für circa eine halbe Million Euro - selbstverständlich stark renovierungsbedürftig und mit wenig Grund.