Hohe Energiepreise: Bund stützt in Not geratene Stadtwerke nicht
Die hohen Gaspreise drohen kommunale Versorger in eine wirtschaftliche Schieflage zu bringen. Doch die Bundesregierung will keinen Schutzschirm über sie aufspannen.
In Deutschlands Kommunen sind die Folgen der stark steigenden Gaspreise zunehmend zu spüren. Der Deutsche Städtetag hat dazu aufgerufen, Energie zu sparen. Auch wenn sich die Einschränkungen nicht sofort bemerkbar machen, so dürften sie es in den nächsten Monaten tun.
Die Menschen in der Bundesrepublik "werden die Komfortzone verlassen müssen", erklärte letzte Woche Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Um Energie zu sparen, empfahl er den Städten und Gemeinden unter anderem, nachts die Straßenbeleuchtung und die Ampeln auszuschalten; in öffentlichen Gebäuden auf warmes Wasser zu verzichten; und das Wasser in Schwimmbädern solle kälter sein.
Für Schüler könnte es ab Herbst ebenfalls weniger angenehm werden. In einem Arbeitspapier des Deutschen Städtetags, das Telepolis vorliegt, wird empfohlen, in Schulen auf warmes Wasser zu verzichten und die Temperatur in den Klassenzimmern zu senken.
Energie sparen, um Bankrott der kommunalen Versorger zu verhindern
All‘ diese Maßnahmen sollen dabei helfen, die Gasspeicher zu füllen und gut über den Winter zu kommen. Sie sollen aber auch dabei helfen, die kommunalen Versorger zu stützen; denn sie drohen in eine wirtschaftliche Schieflage zu kommen.
Die Stadtwerke stecken in einem Dilemma, sagte Dedy der Passauer Neuen Presse (PNP). Sie müssen Erdgas zu immer höheren Preisen einkaufen. Und wenn sie die steigenden Preise an die Verbraucher weitergeben, werde das viele Haushalte überfordern, so Dedy. Geben sie sie aber nicht weiter, dann drohten sie, in den Bankrott zu rutschen.
Noch ist diese Situation nicht eingetreten; aber sie könnte es, wenn die Bundesnetzagentur formal "eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmenge nach Deutschland" feststellt. In dem Fall könnten die Energieversorger die höheren Kosten auf die Kunden abwälzen. "Wenn das kommt, dann kann es passieren, dass Kunden ihre Rechnungen nicht mehr zahlen können", sagte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetags, Jan Arning gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Um die Stadtwerke vor dem finanziellen Ruin zu schützen, fordern die Länder von der Bundesregierung einen Schutzschirm für in Not geratene kommunale Versorger. Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten Ende letzter Woche einen entsprechenden Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, der auch angenommen wurde.
Bund sieht sich nicht zuständig für Rettung der Stadtwerke
Doch bislang wiegelt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ab. Er sehe bislang die Gesellschafter der Stadtwerke in der Pflicht, so Arning. Geht den kommunalen Versorgern das Geld aus, sollten demnach Städte und Gemeinden einspringen. Der Schutzschirm für angeschlagene Energieversorger gelte daher nicht für Stadtwerke.
Das will das Bundeswirtschaftsministerium aber so nicht stehen lassen. Auf Anfrage von Telepolis verwies eine Sprecherin auf den Paragrafen 29 des Energiesicherheitsgesetzes, mit dem die rechtliche Grundlage für einen Rettungsschirm geschaffen wurde. Stabilisierungsmaßnahmen seien "grundsätzlich auch zugunsten von Stadtwerken möglich", erklärte die Sprecherin.
Doch diese Regelung hat einen Pferdefuß: vorausgesetzt wird nämlich "ein wichtiges Interesse des Bundes" und dass "sich der vom Bund angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt".
Die Stadtwerke haben damit das formale Recht, einen Antrag auf Hilfen zu stellen. Ob sie ihnen gewährt werden, entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall – und das Ergebnis dürfte schon im Voraus feststehen: Der einzelne kommunale Versorger stellt kein "wichtiges Interesse des Bundes" dar.
Habeck soll das gegenüber seinen Länderkollegen noch einmal klargestellt haben: Stadtwerke und regionale Versorger haben keine Aussicht auf direkte Unterstützung durch den Bund. In einem Brief soll er demnach lapidar geschrieben haben: "Der Bund kann dies nicht übernehmen".
Diesen Wortlaut bestätigen wollte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage von Telepolis allerdings nicht. Es dementierte ihn aber auch nicht.