Homeoffice zerstört soziales Gefüge
Seite 2: Keine Teamarbeit im Heimbüro
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Aber Teamarbeit, "das funktioniert nicht im Homeoffice", konstatieren Richard Detje und Dieter Sauer in ihrem Buch Corona-Krise im Betrieb: Empirische Erfahrungen aus Industrie und Dienstleistungen (Seite 93). Gleichzeitig fehlt 75 Prozent der Befragten im Homeoffice der direkte Kontakt zu Kollegen, berichtet Wolfgang Schroeder, Professor an der Universität Kassel.
Bereits vor Ausbruch der Pandemie forderten die Gewerkschaften eine gesetzliche Regelung. "DGB fordert Recht auf Arbeit von zu Hause", titelte damals etwas die Wochenzeitung Die Zeit. Für den DGB scheint "Homeoffice" ein Thema zu sein, um sich als moderne Organisationen zeigen zu können. Inzwischen zeigen Erfahrungen der Beschäftigten vor Ort jedoch die Schwierigkeiten auf. Eine Abgrenzung zwischen Privatleben und Arbeit, die ständige Erreichbarkeit belastet viele der modernen Heimarbeiter.
Kaum beachtet wird die "gefährdete soziale Dimension von Arbeit", verweist Arbeitsforscher Wolfgang Schroeder auf die Risiken der Arbeit zu Hause. "Persönliche Interaktionen und Zusammenarbeit sowie Begegnungsorte werden reduziert oder drohen ganz zu verschwinden". Gewerkschaften, die auf den direkten Kontakt mit den Beschäftigten besonders angewiesen sind, könnten in der neuen Homeoffice-Arbeitswelt außen vor bleiben.
Die "epochale Transformation der Arbeitswelt, die mobiles Arbeiten mit sich bringt", werde immer noch unterschätzt. Schröder sieht dies als "Sargnagel für die Gewerkschaften", denn "sowohl die Rekrutierung von Mitgliedern wie auch die Aktivierung von Beschäftigten ist an gemeinsame Erfahrungen und Orte gebunden". Regelungen etwa um Arbeitsschutz wandern "aus der Vor-Ort-Sphäre des Betriebs in die Unsichtbarkeit", befürchtet Schröder.
Selbst der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann warnt inzwischen vor einem neuen "digitales Proletariat"
Die Unternehmen denken schon weiter. Die Arbeitenden sitzen zu Hause, kein Vorgesetzter kann dem Telearbeiter über die Schulter blicken, um zu kontrollieren. Führung erfolgt über Distanz, ähnlich System des Crowd-Working, bei dem eine Menge an Menschen, die "Crowd", Aufträge übernimmt, die per Internetplattform verteilt werden.
Nach dieser Logik können Unternehmen auch die Frage stellen, warum Beschäftigte im Homeoffice, die gar keine Arbeitsstätte im Betrieb mehr haben und denen auch keine Arbeitsmittel mehr gestellt werden, nicht gleich als Selbständige eingesetzt werden.
Den "Verlust langfristiger Arbeitsverhältnisse" prophezeit Swen Schneider. "Die Ausweitung des Homeoffice als Arbeitsmodell in und nach der Corona-Krise beschleunigt den Wandel" Richtung Crowd-Working, sieht Schneider ihre Chance jetzt gekommen.
Marcus Schwarzbach ist Berater für Betriebsräte in Kassel.
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