Huawei-Shaming trifft USA

Weltkarte zum Huawei-Verbot. Bild: Statista / Creative Commons (CC)

Der Bundesregierung sollen Dokumente vorliegen, die abermals Huaweis Zusammenarbeit mit Peking belegen sollen. Das Pentagon distanziert sich derweil von Trumps "War on Huawei"

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Bisher haben die USA keine Beweise zur Untermauerung der Spionagevorwürfe gegen Huawei vorgelegt. Dennoch sind Japan, Australien, Neuseeland und Taiwan dem "War on Huawei" der Trump-Regierung gefolgt. Die EU drohte sich dem anzuschließen. Nun entschied sie vernünftigerweise anders. Huawei darf sich am Ausbau der 5G-Netze in den EU-Ländern beteiligen. Doch auch in den USA halten Kritik des Verbots nicht mehr zurück.

Zwar soll Huawei von besonders sicherheitsrelevanten "Kernnetzen" ausgeschlossen werden, doch die befürchtete Subordination ist ausgeblieben. Jeder EU-Staat wird jedoch auf Grundlage der EU-Entscheidung seine eigenen Sicherheitsmaßnahmen entwickeln müssen. Damit wird den USA ein Hintertürchen offen gelassen, das sie besonders im Falle Deutschlands nutzen wollen.

Während auf nationaler Ebene Großbritannien und Frankreich Souveränität im Umgang mit dem Technologiehersteller beweisen, ist die deutsche Regierung noch uneins darüber, wie sie die EU-Lösung umgesetzt wird und wie groß die Anteile für die Chinesen dabei ausfallen.

"Smoking Gun" - Viel Rauch um Nichts?

Für Diskussion sorgt nun - pünktlich zur EU-Entscheidung - ein vom Handelsblatt veröffentlichter Artikel. Demzufolge sollen die Amerikaner der Bundesregierung Mitte Dezember einen Bericht vorgelegt haben, der Huaweis Zusammenarbeit mit chinesischen Sicherheitsorganen belegt, zusammengestellt von den Nachrichtendiensten und Justizbehörden. Tenor: Huawei ist der verlängerte Arm der chinesischen Regierung, ein technologischer Staatstrojaner.

Genauere Inhalte werden allerdings nicht bekannt gegeben, der Handelsblatt gibt lediglich einen enthüllend anmutenden Ausschnitt preis, in dem es heißt: "[...] Ende 2019 wurden uns von US-Seite nachrichtendienstliche Informationen weitergegeben, denen zufolge Huawei nachweislich mit Chinas Sicherheitsbehörden zusammenarbeite."

Laut Handelsblatt greife das Außenministerium "die Formulierung der Amerikaner auf, dass es sich bei den Erkenntnissen um eine Smoking Gun handele, also um eindeutige Beweise". Der als Verschlusssache eingestufte Vermerk des Auswärtigen Amts soll dem Artikel zufolge mit dem Ergebnis abschließen: "Die Vertrauenswürdigkeit chinesischer Unternehmen ist im Zusammenhang mit den Sicherheitserfordernissen beim Aufbau von 5G-Netzen nicht gegeben."

Dem Handelsblatt zufolge meldete sich auch US-Botschafter Grenell zu Wort. Grenell soll der Zeitung gesagt haben, dass die US-Regierung das Risiko von Datendiebstahl so hoch einstufe, "dass wir gezwungen sein werden zu prüfen, wie viel Informationen wir mit unseren Verbündeten noch teilen können, wenn sie dieses Risiko ignorieren".

Schon im März letzten Jahres begann die Drohpolitik der USA gegen Deutschland. Damals hatte Grenell laut Wall Street Journal in einem Brief an Wirtschaftsminister Altmaier gedroht, dass eine Beteiligung von Huawei am 5G-Ausbau bedeuten würde, dass die USA die Zusammenarbeit mit deutschen Sicherheitsbehörden nicht aufrecht erhalten werden.

"Hintertürchen"

Software-Schwachstellen und Sicherheitslücken in Telekommunikationsgeräten werden im Fall von Huawei schnell mit beabsichtigten "Hintertürchen" Verbindung gebracht. Deutsche Welle schreibt etwa: "Nicht erst seit den dringenden Warnungen aus Washington weiß die EU, dass man eine direkte Hintertür zur Totalüberwachung durch den 'Big Brother' in Peking öffnen könnte, wenn man sich der Netzwerktechnologie aus China ausliefert." So wird immer wieder behauptet, dass Huawei in seinen Geräten Hintertürchen absichtlich hinterlässt, die der chinesischen Regierung die Möglichkeit bieten würden, Konkurrenten oder Feinde auszuspionieren.

Um dem Spionagevorwurf entgegenzuwirken, hat Huawei seinen Code geteilt und erlaubte es etwa dem britischen National Cyber Security Centre (NCSC), ihn zu überprüfen. Zwar fand NCSC veralteten Code und weitere Qualitätsmängel, jedoch wurde Huawei im abschließenden Bericht nicht beschuldigt, böswillige Absichten zu verfolgen.

Die unterstellte Loyalität Huaweis gegenüber dem chinesischen Staat soll im chinesischen Geheimdienstgesetz verankert sein. Dort heißt es in Artikel 7, auf den sich viele Medien und Politiker berufen, dass "jede Organisation oder jeder Bürger die Arbeit des staatlichen Nachrichtendienstes unterstützen, ihr beistehen und mit ihr zusammenarbeiten soll".

Ein oft willentlich missverstandener Artikel, der sinngemäß jedoch "keine präventive Spionage erlaubt, da die nationale Geheimdienstarbeit defensiven Charakter haben muss", erklärt der deutsche Sinologe Wolfgang Kubin von der Pekinger Foreign Studies University.

Auch Telekommunikationsunternehmen in Frankreich hegen gegenüber der Huawei-Technik kein politisch motiviertes Misstrauen. Es scheint, dass Huaweis Konkurrenten im Zweifelsfall den Vertrauensvorschuss genießen, wenn ihre Produkte als gefährdet eingestuft werden. Huawei wird jedoch aus politischen Gründen an unmöglichen Ansprüchen gemessen.

Ein Vertrauensvorschuss, der längst aufgebraucht sein sollte. Schließlich ist nicht China bisher beim systematischen Datenklau in deutschen Netzen erwischt worden, sondern der Bündnispartner USA. Cisco Systems beispielsweise, dessen Ausrüstung schon seit langem von amerikanischen und anderen Spionageagenturen genutzt wird, musste 2018 mehrere Hintertüren bei verschiedenen Produkten entfernen. 2019 erneut.

Pentagon befürchtet wirtschaftlichen Schaden

In der Causa Huawei gespalten ist jedoch nicht nur die deutsche Politik, sondern auch die amerikanische. Die im Mai 2019 erlassene Verordnung, die es amerikanischen Unternehmen verbot, Huawei mit Komponenten zu beliefern, sondern auch die Nutzung seiner Ausrüstung durch inländische Netzwerke einschränkte, stößt auf Kritik.

Die geplante Verschärfung des "Huawei-Ban" wird nun auch vom US-Verteidigungsministerium abgelehnt, wie das Wall Street Journal am 24. Januar berichtete. Verteidigungsminister Esper sagte: "Wir müssen uns bewusst sein, dass wir die Lieferketten dieser Unternehmen und dieser Innovatoren erhalten".

Pentagon teilt damit die Bedenken, die Unternehmen aus der Halbleiterindustrie wie Qualcomm und Intel dem Weißen Haus gegenüber geäußert haben: Wenn der Handel mit Huawei blockiert wird, sinken die Einnahmen, dadurch geraten US-Firmen wirtschaftlich ins Hintertreffen und haben nicht die Mittel, um verstärkt in Forschung und Entwicklung zu investieren. Huawei ist einer der weltweit größten Käufer von Micro-Chips.

Laut Wall Street Journal gibt das Pentagon etwa ein Drittel des 738 Milliarden Dollar-Budgets für Beschaffung und Forschung aus, wobei ein Großteil davon an etwa 50.000 militärische Zulieferer gehe. Die Unsicherheit, die die USA über Huawei verbreiten, trifft nun ihre eigene Wirtschaft.