IBM-Studie: 82 Prozent Elektroautos bis 2035
Laut Branchenexperten sind bis 2035 Software und KI die Motoren der Autowelt. Die Hersteller müssen technisch aufrüsten und ihre Kultur wandeln.
Deutsche Autokonzerne galten lange Zeit als Meister beim Verbrennungsmotor. Über Jahrzehnte erarbeiteten sie sich eine Expertise auf diesem Gebiet, die ihnen eine gewisse Führungsrolle sicherte. Doch diese Ära neigt sich dem Ende entgegen, und die Zukunft gehört der Elektromobilität.
In der Branche ist der Glaube an diesen Wandel dominant, wie die Studie „Automotive 2035“ zeigt. Das IBM Institute for Business Value hat dazu mehr als 1.200 Manager der Autoindustrie befragt. In zehn Jahren werden laut Studie rund 82 Prozent der neuen Fahrzeuge einen elektrischen Antrieb haben.
Es ist demnach damit zu rechnen, dass sich Autos bis dahin in rollende Computer verwandeln werden. Von den befragten Managern sind 74 Prozent überzeugt, dass die Fahrzeuge der Zukunft softwaregetrieben sind und von künstlicher Intelligenz (KI) unterstützt werden. Dadurch soll sich nicht nur das Fahrerlebnis verbessern, sondern Kernfunktionen der Autos werden dann von Computern bestimmt.
Digitale Dienste sollen die Hälfte der Umsätze bringen
Die Umsätze in der Autoindustrie werden künftig wohl in erster Linie mit Software generiert. Laut Umfrage gehen die Manager davon aus, dass 2035 rund 51 Prozent ihrer Umsätze aus digitalen, softwarebezogenen Quellen stammen werden. Das sind etwa Premium-Konnektivität, Fahrzeug-Abos, softwaregesteuerte Funktionserweiterungen, verbesserte Mobilitätserlebnisse und autonomes Fahren.
Das wäre ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu heute. Nach aktuellen Schätzungen werden heute lediglich 15 Prozent der Umsätze in diesem Bereich generiert. „Die Software-definierte Erfahrung wird 2035 den Kern des Markenwerts ausmachen“, sagen laut Umfrage 75 Prozent der Führungskräfte.
Komplexe Technik erfordert neue Software-Architektur
Der Weg zum softwaredefinierten Auto ist jedoch steinig. Die größte Hürde sehen die Manager in der technischen Komplexität, Hardware und Software zu entkoppeln. Um die wachsende Zahl an Steuergeräten beherrschbar zu machen, setzen viele Hersteller bereits auf eine zentralisierte Fahrzeugarchitektur mit Hochleistungsrechnern.
Doch 80 Prozent der Führungskräfte geben zu, dass das Management des gesamten Produkt-Lebenszyklus eines softwaredefinierten Autos eine Herausforderung ist. Es fehle an Entwicklungswerkzeugen und -methoden, sagen 77 Prozent.
Um die technischen Hürden zu überwinden, empfehlen Experten den Einsatz von Open-Source-Software für Standardfunktionen. Bewährte Software-Engineering-Tools anderer Industrien könnten den Entwicklungsprozess beschleunigen. Auch die Kombination von Cloud und KI biete großes Potenzial für Forschung und Entwicklung.
Softwaregetriebene Unternehmenskultur gefragt
Neben der Technik steht auch die Unternehmenskultur der Autobauer vor einem Umbruch. Die jahrzehntelang eingeübte Denkweise für Präzisionsmechanik passt nicht zur agilen, datengetriebenen Welt der Software.
„Unsere mechanisch getriebene Kultur ist stark und schwer zu ändern“, räumen 74 Prozent der Manager ein. 69 Prozent beklagen zudem einen Mangel an Software-Fachkräften. Erst 2034 glauben die Unternehmen, genügend Talente an Bord zu haben, um ihre Ziele für softwaregesteuerte Produkte zu erreichen.
Um eine innovationsfreundliche Kultur zu schaffen, raten Experten zum Abbau von Abteilungssilos. Fachübergreifende Teams aus Software- und Hardwareingenieuren, Designern und Produktmanagern sollten eng zusammenarbeiten.
Auch die Partnerschaft von Mensch und KI könne die Belegschaft für die softwaregesteuerte Welt fit machen. Nicht zuletzt gelte es, das Lieferanten-Ökosystem zu überdenken und auf Partner zu setzen, die Open-Source-Technologien unterstützen.