Nach zwei Pleiten: StreetScooter soll in Thailand neu starten

StreetScooter im Depot von Deutsche Post DHL.

(Bild: Bjoern Wylezich / Shutterstock.com)

Deutscher E-Transporter StreetScooter: Nach Erfolg bei Deutscher Post und zwei Pleiten könnte Neustart als StreetRunner in Thailand folgen. Klappt's beim dritten Mal?

Was 2010 in Aachen unter der Leitung der beiden RWTH-Professoren Achim Kampker und Günther Schuh mit der Entwicklung eines elektrischen Kleintransporters für den Einsatz im Paketdienst begann, entwickelte sich in der Folge zum neuen Standardtransporter der damaligen Deutschen Post DHL.

Der Konzern kaufte die Herstellerfirma 2014, hatte aber mit der Produktion in Aachen und Düren keinen wirtschaftlichen Erfolg. 2019 gab die Post den Verkauf von 500 StreetScootern an ein japanisches Logistikunternehmen bekannt, es blieb jedoch der einzige Großauftrag.

Ausweg über Luxemburger Finanzholding

In der Folge veräußerte die Deutsche Post die Produktionsgesellschaft. Die Deutsche Post DHL Group hat Anfang 2022 die Rechte und das Know-how zur Produktion ihrer Elektrotransporter StreetScooter an das internationale Firmenkonsortium Odin Automotive aus Luxemburg verkauft.

Der Verkauf umfasst das geistige Eigentum an den Fahrzeugmodellen D17 und D20 sowie die beiden hundertprozentigen Tochtergesellschaften in der Schweiz und in Japan. Ferner wurde Deutsche Post DHL Group Minderheitsgesellschafter von Odin Automotive.

Mit der Übernahme von StreetScooter Engineering wird Odin Automotive als Hersteller der Elektrotransporter fungieren und die beiden StreetScooter-Modelle mit acht und dreizehn Kubikmetern Laderaum weiter bauen.

Die im Konzern Deutsche Post DHL verbliebene StreetScooter mit dann 300 Mitarbeitern sollte weiterhin als Zulieferer von Fahrzeugteilen und Batterien für den geplanten Ausbau der Konzernflotte auf 21.500 StreetScooter fungieren. Danach sollte sich diese Gesellschaft ausschließlich auf die Wartung und Instandhaltung der bestehenden Flotte konzentrieren.

Der Konzern Deutsche Post DHL Group setzt derzeit mehr als 17.000 der speziell für die Brief- und Paketzustellung entwickelten Elektrotransporter auf der letzten Meile ein und ist damit Betreiber der größten E-Flotte in Europa.

Odin Automotive ist eine Finanzholding, die von mehreren institutionellen und privaten globalen Investmentpartnern unterstützt wird, darunter Sparta Capital Management aus Großbritannien, einem großen chinesischen OEM und einem Partner für Auftragsfertigung in Nordamerika.

Insolvenz unter neuem Namen

Das luxemburgische Konsortium Odin Automotive wurde kurz nach dem Kauf von StreetScooter in B-ON umbenannt, meldete aber bereits am 15. September 2023 Insolvenz an. Dies war die Gelegenheit für den ursprünglichen Gründer Günther Schuh, sein ehemaliges Unternehmen zurückzukaufen.

Die von Schuh gegründete e.Volution mit Sitz in Aachen übernahm unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Geschäftsbetrieb und das Anlagevermögen der Nob Manufacturing zum 1. Januar 2024.

Schuhs Start-up e.Volution sei für die Transaktion eine strategische Partnerschaft mit Neapco eingegangen, die als Auftragsfertiger die elektrischen Zustellfahrzeuge in Düren montieren solle. Neapco habe dafür von der DHL Group die Produktionsmittel für die Fahrzeugmontage in Düren erworben.

Bereits Mitte November 2024 sei jedoch das Aus für die StreetScooter-Fertigung in Düren gekommen. Die Produktion sollte ab 2025 nach Thailand verlagert werden, wo in der Region Rayong östlich von Bangkok in den vergangenen Jahrzehnten ein beachtlicher Cluster der Fahrzeugproduktion entstanden ist, der Thailand auf Platz 10 der weltweit führenden Autoproduktionsländer katapultiert hat. Zeitweise wurden hier alle Pickup-Modelle von Toyota für den Export produziert.

Doch nur wenige Tage nach der Ankündigung der geplanten Produktionsverlagerung nach Thailand wurde bekannt, dass e.Volution Insolvenz anmelden musste.

Kommt der StreetScooter nächstes Jahr als StreetRunner aus Thailand?

Offensichtlich waren die deutschen Fertigungskosten für den Transporter der letzten Generation zu hoch und die erreichbaren Stückzahlen für einen dauerhaft wirtschaftlichen Betrieb zu gering.

Die Hoffnungen ruhen nun auf einer Produktionspartnerschaft mit einer im Fahrzeugbau engagierten thailändischen Familie. Das südostasiatische Land des Lächelns hat sich in den vergangenen Jahrzehnten über die CKD-Montage zu einem der weltweit bedeutendsten Automobilproduktionsstandorte entwickelt. Zunächst wurden Fahrzeuge mit japanischen Partnern montiert, später auch für namhafte deutsche Marken und heute zunehmend für chinesische Unternehmen.

Ob die Verlagerung der StreetScooter-Produktion, die dann unter dem Namen StreetRunner wieder das Licht der Welt erblicken soll, gelingt, hängt nicht zuletzt von der Überwindung der kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Thailand ab.

Dort ist der Unterschied zwischen Fakt und Fiktion sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft durchaus fließend und der Satz mai pen rai, der beiden Seiten hilft, das Gesicht zu wahren, für deutsche Geschäftspartner durchaus problematisch. Wo in Deutschland argumentiert werden kann, zählt in Thailand das vorhandene Geld oder das lobenswerte Vorbild.