IS-Anschlag auf Einkaufszentrum in Jakarta
In der indonesischen Hauptstadt sind mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen
Heute Vormittag griffen mit Sturmgewehren, Handgranaten und Sprengstoffgürteln bewaffnete Männer das Sarinah-Einkaufszentrum in der indonesischen Hauptstadt Jakarta an. Die Terroristen sollen auf Motorrädern vorgefahren sein und einen Wächter an der Zufahrt zum Gebäudekomplex erschossen haben. Anschließend drangen sie in einen Starbucks-Kaffeausschank ein, in dem viele Mitarbeiter des gegenüberliegenden UN-Gebäudes und andere Ausländer verkehren. Dort kam es zu einer Explosion, nach der ein Spezialkommando der Polizei den Laden stürmte. Einer Erklärung der internationalen Kette zufolge wurde ein Kunde verletzt, aber niemand getötet.
Aus dem Cakrawala-Hochhaus, das zum Einkaufszentrum gehört, hörten Augenzeugen Schüsse und Explosionen. Auch hier war die Polizei rasch zur Stelle und konnte am frühen Nachmittag verkünden, dass sich keine lebenden Angreifer mehr in dem Gebäude befinden und dass fünf Terroristen getötet und vier weitere Täter festgenommen wurden. Ob welche entkamen, ist unklar. Zu Anfang der Attacke waren die Beamten von über einem Dutzend Angreifer ausgegangen. Die Zahl der Todesopfer, die keine Terroristen waren, wird mit zwei angegeben. Unter den Verletzten, die es ebenfalls gab, sollen sich ein Niederländer und ein Deutscher befinden.
Inzwischen bekannte sich die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) über ihr Sprachrohr Aamaq zu dem Anschlag. Für den IS kämpften mindestens 700 indonesische Staatsbürger in Syrien und im Irak. Unter ihnen soll sich auch der gesuchte Dschihadist Bahrun Naim befinden, den Polizeichef Tito Karnavian als konkreten Hintermann vermutet. Im Dezember hatte die Polizei in der Nähe von Jakarta mehrere mutmaßliche IS-Anhänger festgenommen, bei denen Material zum Bombenbau sichergestellt wurde.
Indonesien ist mit 243 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste mehrheitlich moslemische Land der Erde. Die Idee eines Kalifats hat dort zahlreiche Anhänger: 2007 versammelte die Organisation Hizb ut-Tahrir 70.000 Menschen im Bung Karno Stadion im Zentrum der indonesischen Hauptstadt Jakarta zu einer "Internationalen Kalifatskonferenz", auf der die Abschaffung der Nationalstaaten und die Vereinigung aller Moslems in einer Theokratie mit Koran und Sunna als gesetzlicher Grundlage gefordert wurde (vgl. Kalifatskonferenz in Indonesien).
Die indonesischen Moslems unterteilen sich in Abangan, bei denen die Scharia eine geringe, dafür aber der Ahnenkult eine größere Rolle spielt, und Santri, die eher orthodoxen Versionen des Islam anhängen.1 Abangan haben etwa 30 % Anteil an der Gesamtbevölkerung, Santri fast 60 %. Letztere unterteilen sich wiederum in "Traditionalisten" und "Modernisten" - eine etwas irreführende Bezeichnung, weil die "Traditionalisten", eher vom Sufismus geprägten Traditionen anhängen, während die "Modernisten" eine vom Wahabismus beeinflusste und an einer wörtlichen Auslegung des Koran orientierte Richtung vertreten. Ein Zentrum dieser "Modernisten" ist die Provinz Aceh in Nordsumatra, die nach einem Guerillakrieg im Zuge einer Teilautonomie die Scharia einführte.
Neben den fast 90 % Moslems gibt es in Indonesien zwischen 8 und 9 % Christen (wobei der Anteil der Protestanten etwas höher liegt, als der der Katholiken) sowie Hindus und Buddhisten. Die Zahlen zum Anteil der Religionen in Indonesien sind allerdings unter anderem deshalb mit Vorsicht zu genießen, weil sich aufgrund der durch das Pancasila-Prinzip eingeschränkten Religionsfreiheit, die nur monotheistische Religionen erlaubt2, viele Anhänger traditioneller Religionen pro forma zum Islam bekannten. Hinzu kommt, dass durch die antikommunistischen Präsidialerlasse "zur Lösung des chinesischen Problems" ein beträchtlicher Teil der Han-Atheisten, die vor allem in den Städten siedeln, den Status von Christen annahm.
Außer dem IS ist in Indonesien unter anderem die Terrorgruppe Jemaah Islamiyah (JI) aktiv, die in den Nuller Jahren mindestens elf Anschläge verübte - darunter auch einen auf der Touristen- und Hindu-Insel Bali, bei dem 202 Menschen ums Leben kamen. Die JI arbeitete in der Vergangenheit mit al-Qaida zusammen. Eine andere Terrorgruppe sind die East Indonesia Mujahideen (MIT) von Abu Wardah alias "Santoso". Er soll sich auf der Insel Sulawesi im Dschungel verstecken, der derzeit von gut 2000 Polizisten und Soldaten durchsucht wird.
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