IS-Vorbild UÇK?
Der UN-Sicherheitsrat soll Organhandelvorwürfe untersuchen
Im Dezember berichtete das arabische Nachrichtenportal Al-Monitor unter Berufung auf einen Mediziner aus Mosul, dass die Terrorgruppe Islamischer Staat in den von ihr beherrschten Gebieten im Kampf gefallenen und Entführten Herzen, Lebern und Nieren entnimmt und sie über die Türkei und Saudi-Arabien auf dem schwarzen Markt verkauft, um damit den Kalifatshaushalt mitzufinanzieren. Die Entnahme erledigen dem Portal zufolge ausländische Ärzte.
Am Mittwoch äußerte auch der irakische UN-Botschafter Ambassador Mohamed Alhakim solche Vorwürfe. Er erfuhr angeblich von Massengräbern in der Nähe der Stadt Mosul, in denen Leichen die oben genannten Organe fehlen, und von Ärzten, die vom IS erschossen wurden, nachdem sie sich geweigert hatten, für die Terrorgruppe den Mengele zu machen. Jetzt sollen Experten der Vereinten Nationen Dutzende Leichen inspizieren und überprüfen, ob die Vorwürfe zutreffen.
Dass es beim IS ethische Hemmungen gibt, "Ungläubigen" und "Apostaten" Organe zu entnehmen und zu verkaufen, ist allerdings schwer vorstellbar - immerhin köpft, kreuzigt und verbrennt sie die Terrorgruppe massenhaft.
Ein Vorbild für den Handel mit den Organen von Geiseln und Opfern könnte dem IS die albanische Terrorgruppe UÇK gewesen sein, die serbische Kriegsgefangene und entführte Zivilisten zum Zwecke des Organverkaufs wie Schlachtvieh tötete und ausnahm. 2003 erhielt Carla Del Ponte, die frühere Chefanklägerin des Internationalen Gerichtshofs, Informationen darüber, dass nach dem NATO-Einmarsch in die damalige serbische Provinz Kosovo massenhaft junge und gesunde Serben entführt und in die Nähe der albanischen Kleinstadt Burrel verschleppt wurden, wo man ihnen die verkäuflichen Organe entnahm.
In dem Haus, in dem das geschehen sein soll, entdeckten die Ermittler trotz mangelnder Kooperation der albanischen Behörden nicht nur die komplette medizinische Ausrüstung für solche Organentnahmen, sondern mittels Luminol und Infrarotlicht auch massenhaft Blutspuren. Später verschwanden diese Beweismittel allerdings und mögliche Zeugen wurden ermordet.
2010 bekräftigte der Europarats-Sonderbeauftragte Dick Marty, der 2006 mit einem bemerkenswerten Befund zu CIA-Geheimgefängnissen Aufsehen erregte hatte, Del Pontes Verdacht in seinem Bericht zum Organhandel im Kosovo. Durch die Vernehmung von Zeugen und durch Einsichtnahme in Geheimdienstunterlagen mehrerer europäischer Ländern war er zum Ergebnis gekommen, dass der damalige UÇK-Kommandant und spätere Ministerpräsident Hashim Thaçi der Kopf hinter den Entführungen und Organentnahmen war.
Darauf hin drohte ihm Thaçis Partei, man werde "alle möglichen und notwendigen Schritte" gegen die "Verleumdung" einleiten - faktisch eine Erinnerung daran, dass der berüchtigte UÇK-Kommandant und ehemalige Kosovo-Regierungschef Ramush Haradinaj in Den Haag aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde, nachdem neun von zehn potentiellen Belastungszeugen gewaltsam ums Leben kamen und der letzte lebende Zeuge, der selbst knapp einem Attentat entging, seine Aussage zurückzog.
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