"Ich muss mir überlegen, was ich dazu sage"
BND-Chef Schindler vor dem NSA-Ausschuss
Der Grünen-Obmann Konstantin von Notz fasste den gestrigen Auftritt des Bundesnachrichtendienstpräsidenten Gerhard Schindler in folgendem Satz zusammen: "Mein Name ist Hase - Ich weiß von nichts".
Der hohe Beamte hat sich nach eigenen Angaben bei seinem Dienstantritt nicht einmal den Fernmeldevertrag zwischen seiner Behörde und dem US-amerikanischen Geheimdienst durchgelesen. Dieses Versäumnis begründete er mit dem Satz: "Ich war der Auffassung, dass sich die USA an das Memorandum of Agreement halten". Auf die Nachfrage des Grünen-Geheimdienstexperten Christian Ströbele hin, ob er denn inzwischen nicht mehr dieser Auffassung sei, war Schindler offenbar nicht vorbereitet und gab schließlich eine Antwort, die zwar für Vorsicht, aber nicht unbedingt für Wahrheitsliebe und Offenheit spricht: "Ich muss mir überlegen, was ich dazu sage."
Was er dazu sagt, wird die Öffentlichkeit womöglich nie erfahren. Denn der BND-Chef will die überlegte Antwort nur unter Ausschluss dieser Öffentlichkeit geben. Ebenso verhält es sich mit der Erklärung dazu, warum ein No-Spy-Abkommen, für das es angeblich doch ein konkretes "Angebot der USA" gab, nicht zustande kam. Vielleicht verlangten die USA für dieses Angebot ja eine Gegenleistung, die die deutsche Öffentlichkeit aufbringen könnte. Man weiß es nicht - und man wird es vielleicht so bald nicht erfahren.
Was Schindler sagt, ist, dass der BND und die Bundesrepublik auf die NSA angewiesen seien. Sogar "abhängig" davon, weil dieser "Partner" viel mehr über mögliche Terroranschläge erfahre und davor warnen könne. Deshalb will er die Zusammenarbeit nicht einstellen, sondern reformieren: Mit einer Projektgruppe, neuen Meldepflichten für Mitarbeitern und neuen Filtern für "Selektoren", die Wirtschaftsspionage angeblich besser erkennen.
Die Zahl dieser Selektoren scheint mit jedem neuen Medienbericht darüber zu steigen: Morgen wird der Spiegel von einer knappen halben Million dieser Suchbegriffe berichten, von denen der BND zwischen 2005 und 2008 nur etwa 400 aussortierte, weil die Spionage mit ihnen zu offensichtlich gegen deutsche Gesetze verstieß. Dabei ging es beispielsweise um Politiker, Diplomaten, "europäische Institutionen" und große Unternehmen wie EADS und Eurocopter. Weil die neu entdeckten Selektoren direkt aus dem Pullacher Referat "Rechtsangelegenheiten und G10"stammen, ist dem Nachrichtenmagazin zufolge "die gerne verbreitete Geschichte vom Eigenleben des BND-Horchpostens in Bad Aibling, der an der Zentrale vorbei mit den Amerikanern kooperierte, nicht mehr haltbar".
Schindler wusste davon nach eigenen Angaben lange nichts. Angeblich erfuhr er erst im letzten Jahr davon. Das erklärt er sich damit, dass seine Mitarbeiter den US-Geheimdienst wegen der "großen technischen Abhängigkeit" nicht kritisieren wollten. Für die Chaos-Computer-Club-Sprecherin Constanze Kurz ist das FDP-Mitglied seit diesem Eingeständnis ein "[BND-]Chef auf Abruf". Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (die ebenfalls der FDP angehört) twitterte heute Vormittag: "Schindler fürchtet um seinen Job. Völlig zu Recht!"
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.