Im Sumpf der Subventionen
Eine Demokratie haben wir schon lange nicht mehr - Teil 20
Die Machtstrukturen im politischen System der repräsentativen Demokratie mit all ihren Verzerrungen und Verkrustungen haben sich Verlauf vieler Jahrzehnte verfestigt: Eine Reform an Haupt und Gliedern scheint nicht mehr möglich. Denn die Selbstzerstörungstendenzen der repräsentativen Demokratien sind so übermächtig, dass sie sich auch dann gegen das System wenden, wenn alle Akteure von dem edlen Willen beseelt sind, sich ihnen mit Macht entgegenzustemmen. Der gute Wille und hehre Absichten allein können die selbstzerstörerische Eigendynamik nicht mehr aufhalten.
Längst ist das politische System der entwickelten repräsentativen Demokratien in aller Welt völlig aus dem Ruder gelaufen. Es befindet sich in einer dauerhaften Schieflage, aus der es kein leichtes und womöglich überhaupt kein Entrinnen gibt. Das wird deutlich an der Gesamtentwicklung ebenso wie an jedem Detail.
Natürlich lassen sich für jedes beliebige Land viele Dinge aufzählen, die aus dem Ruder gelaufen sind. Sich daran festzubeißen, wäre banal. Doch bei den entwickelten repräsentativen Demokratien laufen so viele Dinge so gnadenlos schief, weil das politische System als Ganzes aus den Fugen geraten ist und nichts mehr so demokratisch funktioniert, wie es funktionieren könnte oder sollte.
Geldverschwendung pur: Klientelepolitik mit Subventionen
Eines der fast schon lächerlichen Beispiele ist die Subventionspolitik der öffentlichen Hände. Ein Paradefall für Realsatire. So authentisch komisch wie die Realität der Subventionspolitik in repräsentativen Demokratien kann politisches Kabarett gar nicht sein. Kaum sonst irgendwo verpulvern die demokratisch gewählten Repräsentanten so sinnlos das Geld der Steuerzahler für dermaßen absurde Projekte wie bei den Subventionen.
Es ist eine wirtschaftspolitisch völlig nutzlose Geldverschwendung, die nur den gerade regierenden politischen Parteien nützt, der Bevölkerung, der Wirtschaft und dem gesamten Staatswesen jedoch immens schadet.
Man könnte sich trösten und sagen: Das kann passieren. Wo Menschen zusammenwirken, geht öfter mal etwas in die Binsen. Und sicher kann es ein funktionierendes politisches System auch verkraften, wenn ab und zu mal Gelder an politische Freunde verschoben werden. So was passiert nun mal.
Aber darum geht es nicht. Die gewählten Repräsentanten verpulvern Milliardenbeträge für Subventionen, weil sie damit den Gewinn und den Erhalt der eigenen Macht finanzieren. Und dieses strukturelle Problem haben nur die repräsentativen Demokratien. Die sozialen Kosten des Systems sind viel zu hoch und werden in mehrstelligen Milliardenbeträgen berechnet. Kein politisches System der Neuzeit kann sich jedoch auf lange Sicht den Luxus einer Politikerkaste leisten, die wesentlich mehr kostet, als sie leistet.
Die Gründe liegen auf der Hand: Nirgendwo sonst haben die Politiker ein - allein aus ihrer Sicht - so geschmeidiges Instrument, mit dem sie Klientelepolitik treiben, ihre Wähler bei der Stange halten und relativ unkontrolliert das Geld der Steuerzahler verprassen können - und das alles unter dem Deckmantel von Maßnahmen, die angeblich den Benachteiligten und Unterprivilegierten Nothilfe und Unterstützung angedeihen lassen sollen. Die schnöde Verschwendung tarnt sich auch noch als Hilfe in der Not für die Armen, Entrechteten und Unterprivilegierten.
Das ist ja eine der Abstrusitäten der demokratischen Systeme: Die Politiker ziehen den Steuerzahlern systematisch Geld aus der Tasche und verteilen es an andere. Noch primitiver hat sich nur noch Erich Honecker in der DDR verhalten, wenn er zu Weihnachten Bananen verteilen ließ. Und die so "Beschenkten" sind dann auch noch froh und dankbar für den warmen Segen, der sich über sie ergießt, und wählen womöglich die politischen Parteien, denen sie das zu verdanken haben. Bloß in der DDR gab’s nur einmal im Jahr Bananen; denn da musste niemand wiedergewählt werden. In einer repräsentativen Demokratie regnet’s ohne Pause goldene Bananen. Bildlich gesprochen.
Dabei können Staaten nur Gelder "verschenken", die sie zuvor den Steuerzahlern abgeknöpft haben. Sie verfügen nun einmal über keine eigenen Geldquellen und benutzen die Steuereinnahmen als Instrumente, um mit Hilfe von Subventionen Wahlgeschenke über Land und Leute zu verstreuen.
Das tun sie natürlich nicht aus Gutherzigkeit wie der Weihnachtsmann. Sie folgen einem Kalkül. Die Wahlgeschenke sollen die Freundschaft ihrer Klientels und die damit die je gerade herrschenden Parteien an der Macht erhalten. Die große Koalition führt das Prinzip gerade dieser Tage eindrucksvoll mit ihrem Rentenpaket vor: Die CDU erfüllt mit der Mütterrente einen Herzenswunsch von CSU und Frauenunion, und die SPD bedient mit der abschlagsfreien Rente mit 63 die Gewerkschaften. Beide bedienen damit nach den Worten des Wirtschaftswissenschaftlers Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialpolitik "eine klar definierte Klientel".1 Die Zeche für dieses Wahlgeschenk zahlen die abhängig Beschäftigten und ihre Arbeitgeber.
Ohne die Reform hätten die Rentenbeiträger im Januar von 18,9 auf 18,3 Prozent des Bruttolohns sinken müssen. Um die neuen Wohltaten zu finanzieren, setzte die Regierung die Entlastung einfach aus.
Und der Etikettenschwindel ist immer der Gleiche:
Es ist das Dauerdilemma der Politik. Indem der Sozialstaat Löcher schließen will, die er selbst geschaffen hat, reißt er neue Gräben auf.